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Die Königreiche Kambodschas, darunter auch das von Angkor hatten einen enormen Einfluss auf Kultur und Geschichte Südostasiens, auch wenn die Grösse des Landes dies eigentlich nicht vermuten lassen würde. Auch in Kambodscha verlief die Gründung von Städten und Königreichen parallel mit der "Indisierung" des Landes durch indische Händler und Priester, die den Kaufleuten auf ihren Handelsrouten folgten. Die Inder waren der einheimischen Urbevölkerung sowohl auf kulturellem Gebiet, als auch intellektuell weit überlegen und schafften es vereinzelt recht schnell an die Spitze der dort vorhandenen Gemeinwesen.
 
Der Legende nach heiratete im 2. Jahrhunder n. Chr. ein indischer Brahmane namens Huntian die Tochter eines lokalen Stammesfürsten und gründete so das Königreich Funan. Man nimmt an, dass sich das Königreich Funan über das Gebiet des Mekong-Deltas und die Südküste Kambodschas und Vietnams erstreckte. Die Hauptstadt wird in chinesischen Quellen Temu genannt, der genaue Ort ist jedoch unbekannt. Haupthafen des Reiches war Oc Eo, im heutigen Vietnam, wo man eine Unzahl an archäologisch bedeutenden Artefakten fand, die auf einen reichen Handel mit Indien und China hindeuten. Selbst römische Münzen aus der Zeit Marc Aurels ( 121 bis 180 n. Chr. ) wurden dort gefunden.
Funan soll zuerst hinduistisch geprägt gewesen sein, später setzte sich jedoch auch dort der Buddhismus durch, allerdings, wie auch in Srivijaya, der Mahayana-Buddhismus.
Etwa im 6. Jahrhundert waren auch im Inneren Kambodschas kleinere Reiche entstanden. Eines davon war Chenla. Dieses breitete sich aus und im frühen 7. Jahrhundert gelang Chenla, die Kontrolle über Funan zu erlangen. Man vermutet, dass es sich bei Chenla, ebenso wie bei Funan um kein festes Reich, sondern eher um einen losen Zusammenschluss von kleineren Einheiten handelte. Jedenfalls spaltete sich Chenla, laut chinesischen Quellen, im frühen 7. Jahrhundert auf und zwei neue Staatsgebilde entstanden : Im Norden das "Chenla des Landes" und im Süden das "Chenla des Wassers". Die Hauptstadt des nördlichen Teiles befand sich im südlichen Laos; der südliche Teil beinhaltete das Gebiet des ehemaligen Funan. Die Aufspaltung schwächte jedoch das Reich von Chenla und es fiel im 8. Jahrhundert unter die Kontrolle von Sailendra auf Java, das zeitweilig wiederum Teil des Srivijaya-Reiches war. Viele Einwohner des südlichen Chenla waren vor den Attacken in den Nordwesten geflüchtet, wo sie sich am Oberlauf des Tonle Sap niederliessen. Um ihre Macht zu festigen hatten die Herrscher Sailendras wiederum viele Geiseln aus Chenla genommen. Eine dieser Geiseln war der Prinz Jayavarman II..
Jayavarman II. kehrte 790 nach Chenla zurück und begann sofort seinen Einfluss auszubauen. Schliesslich wurde er König von Sailendras Gnaden und errichtete seine neue Hauptstadt in Hariharala, in der Nähe des heutigen Roluos. Dies reichte dem neuen König jedoch nicht. Jayavarman II. hatte viel von den Herrschern Sailendras gelernt und 802 liess er sich in einem hinduistischen Ritual zu Ehren des Gottes Shiva, dass er in Java kennengelernt hatte, zum Devaraja, also dem Gottkönig, des neuen Reiches von Angkor erklären. Dies markierte auch gleichzeitig die Unabhängigkeit von Java.
Sofort machte sich Jayavarman II. daran, die Gesellschaft seines neuen Reiches umzugestalten. Als Vorbild dienten ihm die hinduistischen Reiche Indiens und auch Javas. Durch seine Stellung als Devaraja hatte Jayavarman II. nun uneingeschränkte Macht. Diese Machtkonzentration ermöglichte es ihm, den neuen Staat strikt zu zentralisieren, was einen enormen Vorteil gegenüber den lose verbundenen Vorgänger- und Nachbarreichen darstellte. Auch die Gesellschaft wurde streng hierarchisch umgestaltet. Der König stand an der Spitze. Hierauf folgten hohe Würdenträger, Adlige und Beamte. Die Aufgabe des gemeinen Volkes war es schlicht, zu dienen und es hatte die Stellung besserer Sklaven. Diese Hierarchie wurde durch eine rigide Staatsführung aufrecht erhal-
Phimai / Khorat
ten, die auf Zuwiderhandlungen mit drakonischen Strafen reagierte, die in Regel im Abschlagen von Gliedmassen oder der Exekution bestanden. Selbstverständlich war es einem Angehörigen eines niedrigen Standes nicht möglich, gegen einen Höheren Klage zu erheben. Schon der Versuch wurde oft brutal bestraft.
Trotz dieser überaus strengen Regierungsform, kam es jedoch unter Jayavarman II. auch zu einer kulturellen Entwicklung des Staates. Die meisterliche Bau- und Bildhauerkunst der Khmer ist unbestritten. Die Tempel der Khmer gehören zu den bedeutendsten Bauwerken des Altertums überhaupt. Darüberhinaus errichteten sie riesige Bewässerungsanlagen, deren schiere Grösse und Exaktheit noch heute beeindruckt und die die Grundlage für eine hochentwicklete Landwirtschaft bildeten, den Rückhalt des Khmer-Imperiums. Auch das Strassensystem wurde erheblich verbessert. Dies war natürlich nur möglich, weil die Herrscher auf billige Arbeitskräfte zurückgreifen konnten, deren Hauptinteresse daran lag, möglichst an einem Stück, am Leben zu bleiben.
Unter Jayavarmans II. Nachfolgern wurde das Reich systematisch erweitert. Indravarman I. (reg. 887 - 889) liess die ersten Tempel in der Umgebung Angkors errichten, u.a. den Preah Ko und den Bakong. Auch die Errichtung des grossen Wasserreservoirs Indratataka wurde von ihm angeordnet. Sein Sohn Yasovarman I. verlegte die Hauptstadt des Reiches in die neue Stadt Yasodharapura. Auch hier kam es zur Errichtung weiterer Tempel und des östlichen Baray, eines gigantischen Wasserreservoirs mit einer Länge von 7,5 km und einer Breite von 1,8 km.
Jayavarman IV. (reg. 928 - 941), der vermutlich einer anderen Linie als seine Vorgänger entstammte, verlegte die Hauptstadt ins 80 Kilometer entfernte Koh Ker.
Muang Tam / Buriram
Unter Rajendravarman (reg . 944 - 968) wurde jedoch wieder Yasodharapura zur Hauptstadt und er nahm die rege Bautätigkeit wieder auf.
950 kam es zu einem ersten Krieg mit den Cham aus dem Gebiet des heutigen Vietnam. Rajendravarmans II. Nachfolger Jayavarman V. (reg. 968 - 1000) musste sich zu Beginn seiner Regentschaft gegen eine Reihe anderer Prinzen durchsetzen. Danach war seine Regentschaft jedoch von einer Zeit des Friedens geprägt. Er verlegte die Hauptstadt in das unmittelbar benachbarte Jayendanagari und liess dort eine Reihe von Tempeln errichten, darunter den Banteay Srei und den Ta Keo, den ersten aus Sandstein errichteten Tempel Angkors. Nach dem Tod Jayavarmans V. brach eine Zeit der Unruhe an. Sein Nachfolger Udayadityavarman I. regierte nur kurze Zeit. Im Jahre 1002 tauchte mit Jayaviravarman ein neuer Herrscher auf. Zeitgleich ernannte sich im Nordosten des Landes ein gewisser Suryavarman I. zum König. Über die Abstammung beider und die Legitimität ihrer Ansprüche ist jedoch wenig bekannt. Zwischen beiden brach ein Bürgerkrieg aus, bei dem sich Suryavarman I. schliesslich durchsetzen konnte. Nachdem er seine Macht gefestigt hatte, dehnte er das Reich bis zur malayischen Halbinsel und bis nach Lopburi in Thailand aus. Auch der Handel blühte. Als bedeutendstes Bauwerk liess er den westlichen Baray errichten, der noch grösser als der östliche war. Suryavarman I. starb 1050.
Angkor Wat Unter seinen Nachfolgern brachen Unruhen und Machtkämpfe um den Thron aus, die erst endeten, als im Jahre 1113 Suryavarman II. den Thron bestieg. Unter seiner Regierung erlebte das Khmer-Reich eine neue Blüte. Er erweiterte das Reich bis zur südlichen Grenze des heutigen Laos, bis nach Burma und bis zum Süden der malayischen Halbinsel. Desweiteren eroberte er eine Reihe von Champa-Staaten im Osten. Bekannt sollte Suryavarman II. jedoch als Bauherr werden : Unter seiner Regentschaft wurde der weltberühmte Angkor Wat errichtet, das wohl grossartigste Bauwerk des Khmer-Reiches. Sein Verwandter, der Fürst Narendraditya errichtete auf dem Gebiet des heutigen Thailand den Tempel Phanom Rung.
Über das Ende Suryavarmans II. ist nichts bekannt. Man vermutet, dass er im Krieg umkam. Nach seinem Tod brachen erneut Machtkämpfe um den Thron aus. Diese schwächten das Reich so sehr, dass es 1177 schliesslich in einer grossen Seeschlacht auf dem Tonlé Sap den Truppen Champas unterlag. Angkor wurde eine Provinz Champas.
Ein Prinz und früherer General leistete jedoch Widerstand und schon 1181 konnte er Angkor wieder befreien. Als Jayavarman VII. bestieg er den Thron.
Der Krieg gegen Champa ging jedoch noch etwa 20
Jahre weiter, bis es den Truppen Angkors 1203 schliesslich gelang, den Gegner im Osten zu besiegen.
Jayavarman II. war der letzte grosse Herrscher des Khmer-Reiches. Er einte das Imperium erneut und setzte die rege Bautätigkeit wieder in Gang. Er gründete Angkor Thom und machte es zu seiner neuen Hauptstadt. Diese Stadt sollte rapide wachsen und in ihrer Blütezeit mit etwa 1 Million Einwohnern zur damals mit Abstand grössten Stadt der Welt werden. Desweiteren wurde das Strassensystem entscheidend ausgebaut und verbessert.
Jayavarmans VII. Verdienste gehen jedoch weiter. Während der Buddhismus in Angkor zuvor zwar stets präsent war, jedoch eher ein Nischendasein fristete, war Jayavarman VII. ein glühender Anhänger des Mahayana-Buddhismus und festigte diesen Glauben im Reich. Unter seiner Herrschaft entstand auch der berühmte Bayon-Tempel, mit seinen Türmen, die das Gesicht Avalokitesvaras zieren, der zu einer Art persönlicher Schutzgottheit des Königs wurde. Man vermutet, dass Jayavarman VII. für diese Gesichter selbst Modell stand. Im Geiste dieses Boddhisatvas liess der König überall im Reich Hospitäler errichten. Auch die tyrannische Gesellschaftsform mit ihrem ausgeklügelten Folter- und Bestrafungssystem wurde abgemildert, wobei natürlich auch weiterhin an der göttlichen Gestalt des Königs nicht gezweifelt wurde.
Die Regierungszeit Jayavarmans VII. markiert die absolute Blüte des Khmer-Reiches. Nach seinem Tod im Jahre 1219 begann jedoch auch schon bald der Niedergang.
Sein Nachfolger Indravarman II. versuchte den alten hinduistischen Glauben wieder zu festigen, als Staatsmann war er jedoch eher glücklos. Unter seiner Regierungszeit verlor das Reich im Osten einige Champa-Provinzen. Im Nordosten erhoben sich erfolgreich zwei Tai-Fürsten und gründeten das Königreich
Sukothai, das heute als Ursprung der Thai-Nation gilt. Dieses neue Reich sollte im weiteren zum wichtigsten Konkurrenten des Khmer-Reiches werden, da seine, im Gegensatz zur Khmer-Herrschaft weitaus liberalere Staatsform viele lokale Fürsten anzog.
Auf Indravarman II. folgte im Jahre 1243 Jayavarman VIII.. Auch dieser war Hindu und entschiedener Gegner des Buddhismus. Er wandelte buddhistische Tempel in hinduistische um und liess unzählige Buddhastatuen im Lande zerstören. Im Norden war das Reich unter den Druck der Mongolen, die inzwischen unter Kublai Khan über ganz China herrschten, geraten. Nur durch Tributzahlungen konnte Jayavarman VIII. einen Krieg verhindern. Unter Jayavarman VIII. wurde auch wieder das tyrannische
Phanom Wan / Khorat
alte System eingeführt, allerdings nur für kurze Zeit, denn 1295 endete seine Herrschaft, als er von seinem Schwiegersohn Srindravarman gestürzt wurde.
Dieser war Anhänger des Hinayana-Buddhismus und führte diesen in Angkor ein. Hiermit ging auch die Abschaffung des Devaraja, also des Gottkönigtums, einher. In dieser Zeit kam der chinesische Botschafter Zhou Dang ins Land und verfasste einen detaillierten Bericht über das Leben in Angkor.
Über die Nachfolger Srindravarmans ist recht wenig bekannt. Auf jeden Fall scheinen die Einführung des Hinayana-Buddhismus und die damit verbundene Aufgabe des Devaraja massgeblich den Niedergang des Khmer-Reiches beschleunigt zu haben. Auf der einen Seite führte dies zwar zu einer relativen Befreiung des Volkes, bedeutete auf der anderen Seite aber auch einen Machtverlust für den König und -weitaus bedeutender- einen Verlust an billigen Arbeitskräften. Das ganze Kartenhaus des Khmer-Reiches begann nun zusammenzufallen. Da die ausgeklügelten Bewässerungsanlagen nicht mehr richtig gewartet wurden, kam es zu Überschwemmungen oder Dürren, die das Reich weiter schwächten.
1351 erklärte ein weiterer lokaler Tai-Fürst seine Unabhängigkeit von den Khmer und bestieg unter dem Namen Ramathibodi I. den Thron seiner neuen Hauptstadt Ayutthaya. Schnell gelang dem neuen Staat die Einnahme Sukothais und Ayutthaya entwickelte sich zu einem neuen Machtzentrum in Südostasien. Nach einer Reihe von Angriffen gelang es der Armee Ayutthayas schliesslich im Jahre 1431 in Angkor einzumarschieren. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass sie hierbei genau auf das Strassensystem zurückgriffen, dass Jayavarman VII. errichtet hatte, um sein Reich zu einen. Die Khmer verlegten daraufhin ihre Hauptstadt von Angkor weiter südlich nach Phnom Penh. Es ist unklar, ob dies nun hauptsächlich geschah, weil Angkor zu nahe an der thailändischen Grenze lag oder ob Phnom Penh für den Handel mit China besser gelegen war. Vermutlich trifft beides zu. Hiermit endet die Geschichte des Reiches von Angkor und sein Einfluss auf das Gebiet des heutigen Thailand. Es gab später zwar noch einige Versuche der Khmer, frühere Gebiete zurückzuerobern, diese scheiterten jedoch alle. Später verschärfte sich der Konflikt mit Vietnam und Kambodscha verkam schliesslich zu einem Pufferstaat zwischen Siam und Vietnam. Noch später wurde Kambodscha französische Kolonie, später autonom und kurz darauf in den Vietnamkrieg hineingezogen, in dessen Folge die Roten Khmer die Kontrolle über das Land übernahmen und eines der furchtbarsten Terrorregime des letzten Jahrhunderts errichteten. Als eine Folge dieses Terrors gilt Kambodscha heute als eines der ärmsten und unterentwickeltsten Länder der Erde und, wie schon eingangs erwähnt, deutet nichts mehr auf den grossen Einfluss hin, den die Khmer einstmals in ganz Südostasien besassen.
Auf thailändischem Gebiet zeugen auch heute noch unzählige Khmer-Ruinen von der Grösse des Reiches. Das Zentrum befand sich in der ehemaligen Mon-Festung Lavo, dem heutigen Lopburi, nach dem auch der, von der Kunst der Khmer beeinflusste, Kunststil benannt ist.
 
 
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