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Neben dem Angkor
Wat gilt der Bayon als eines der beeindruckendsten,
schönsten und auch geheimnisvollsten religiösen Bauwerke
der Erde.
Wie kaum ein anderes Bauwerk stellt er nicht nur das religiöse
Weltbild seines Erbauers dar, sondern erlaubt auch tiefe Einblicke
in das Ego und das Selbstverständnis dieses Mannes, der als
grösster König Angkors gilt. Selbst heute noch
geniesst er mehr Verehrung im Lande als der amtierende König
und gilt nach der fast vollständigen Zerstörung der kambodschanischen
Kultur durch die Roten Khmer mehr denn je als Integrationsfigur.
Die Rede ist von Jayavarman
VII.. |
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Jayavarman VII. war ein Sohn König
Dharanindravar- |
mans II. und war
durch Yasovarman II. um den Thron geprellt worden. Später
musste er mitansehen, wie das Reich unter den Nachfolgern seines
Vaters verfiel und Angkor 1177 sogar von
den Cham erobert und geplündert wurde. Jayavarman
VII. sammelte Truppen und es gelang ihm, die Cham
in einer grossen Seeschlacht auf dem Tonle Sap zu besiegen
und sie zu vertreiben. Nachdem er 1181 den Thron
von Angkor bestiegen hatte, machte der König sich
umgehend daran, die Stadt zu befestigen. Ein Ergebnis dieser Arbeiten
sind die hohen Mauern von Angkor
Thom in deren Inneren der König seine Stadt
errichtete. Genau in der Mitte der Stadt liess Jayavarman VII.
- etwa um Jahr 1200 herum - den Bayon
als seinen Staatstempel errichten. Der Tempel wurde jedoch unter
den Nachfolgern des Königs immer wieder erweitert. Auch dies
ist ein Grund für die Komplexität des Bayon. |
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Wie sein Vater war auch Jayavarman
VII. Anhänger des Mahayana-Buddhismus und so
machte er den Buddhismus zur neuen Staatsreligion. Vermutlich entsprang
Jayavarmans VII. Schritt, den Buddhismus zur Staatsreligion
zu machen, nicht nur dem privaten Bedürfnis, den eigenen Glauben
zu fördern, sondern wahrscheinlich hatte er auch erkannt, dass
der alte Glaube an die Allmacht der Götter und der Könige
als ihre Inkarnationen nach der traumatischen Niederlage durch die
Cham keine grosse Basis mehr in der Bevölkerung hatte
und es dringend Zeit für einen Neuanfang war.
Er behielt jedoch den Devaraja-Kult weitestgehend bei,
wenn auch in abgemilderter Form. Anstelle von Shiva wählte
Jayavarman VII. nun Avalokitesvara, den |
Boddhisatva des
unendlichen Mitleides, zu seiner Schutzgottheit und erklärte
sich selbst zu seiner Inkarnation. Dies wird in den Türmen
des Bayon überdeutlich. Jeder Turm trägt das
milde lächelnde Gesicht Avalokitesvaras und man ist
sich allgemein sicher, dass es die Gesichtszüge des Königs
sind, die von jeder Seite der Türme herabblicken. |
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Heute stehen nur noch 49 Türme,
es sollen jedoch einmal 54 gewesen sein, entsprechend 54 damaliger
Khmer-Provinzen, die somit unter Avalokitesvaras
/ Jayavarmans Blick waren.
Hier zeigt sich am besten das Selbstverständnis des Königs,
als mildem, wohltätigem Vater des Volkes, dem jedoch nichts
entgeht.
Dass es sich bei Jayavarman VII. nicht nur um einen Krieger,
sondern durchaus auch um einen Wohltäter ganz im Sinne Avalokitesvaras
handelte, bezeugen die zahleichen Hospitäler, die er überall
im Lande errichten liess. |
Der Bayon ist in
erster Linie Buddha geweiht. Es gibt jedoch auch viele hinduistische
und brahmanische Elemente und so drückt der Tempel sehr gut
den Synkretismus der Khmer aus. |
Üblicherweise nähert man sich
auch dem Bayon von Osten. Die Jahrhunderte haben ihre Spuren
hinterlassen und von Weitem sieht der Tempel eher wie ein ungeordneter
Haufen Steine aus, aus denen einige Spitzen hervorragen. Er ähnelt
heute mehr denn je einem Gebirge, was der Intention seiner Erbauer,
nämlich ein Gebirge darzustellen, ungewollt entsprechen dürfte.
Auffällig ist, das der Bayon weder über eine
Aussenmauer, noch einen Wassergraben verfügt, die eigentlich
für einen Khmer-Tempel obligatorisch sind.
Man vermutet, dass der breite Wassergraben und die hohen Mauern
Angkor Thoms diese Funktion einnahmen, wodurch der Bayon
zum grössten Tempel Angkors aufsteigen würde, was aber
sicherlich dem |
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Selbstbewusstsein seines
Schöpfers entspräche.
Vom Osten her gelangt man auf eine, von Nagas und Löwen
verzierte Balustrade, die direkt zum Tempel führt. Bevor man
den Tempel betritt, sollte man sich unbedingt die Reliefs an der
Aussenwand anschauen. Diese zeigen historische Ereignisse und sind
in acht Sektionen, entsprechend zwei pro Wand, aufgeteilt.
Alle Reliefs zu beschreiben, würde den Rahmen dieser Seite
sprengen. Am interessantesten sind die Reliefs in der südlichen
Sektion der östlichen Wand und in der östlichen Sektion
der südlichen Wand. Hier werden Heerzüge und Schlachten
dargestellt. An der Ostseite sieht man den Zug der Khmer-Armee.
Die Anführer reiten auf Elefanten, es gibt Wagen und Musikanten.
Die Fusssoldaten tragen Speere, haben kurzes Haar und tragen teilweise
Hemden, deren Muster sehr fein dargestellt werden. |
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An der südlichen Aussenmauer
stösst man auf die Darstellung einer grossen Seeschlacht, vermutlich
der Sieg Jayavarmans VII. über die Cham auf dem Tonlé
Sap. Grosse Boote strömen von beiden Seiten zur Mitte
hin. Die Khmer sind an ihren kurzen Haaren zu erkennen,
die Gegner tragen Helme. In der Mitte der Schlacht versuchen die
gegnerischen Parteien die Boote des Feindes zu entern. Soldaten
fallen ins fischreiche Wasser und werden von Krokodilen angegriffen.
Einige Krieger tragen Bärte und sehen chinesisch aus. Tatsächlich
war es den Cham mit Hilfe chinesischer Seeleute gelungen,
den Mekong bis in den Tonlé Sap-See heraufzufahren
und die Khmer-Armee zu überrumpeln. |
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Diese Reliefs bieten einen,
im wahrsten Sinne des Wortes, sehr plastischen Eindruck des damaligen
Militärwesens. Viel interessanter sind jedoch die Reliefs in
der oberen Reihe, die Szenen höfischen Lebens und vor allem
in der unteren Reihe, die Alltagsszenen aus dem Leben der einfachen
Leute zeigen. Da nur sehr wenig über das Leben der Bevölkerung
im Khmer-Reich bekannt ist, bilden gerade diese Reliefs
am Bayon wichtige Hinweise über den Alltag der einfachen
Leute, der sich offensichtlich gar nicht so sehr vom Alltag der
heutigen Landbevölkerung unterschied. Die abgebildeten Ochsenkarren
sieht man in Kambodscha auch heute noch, auch heute noch dreht sich
vieles ums Essen und Hahnenkampf ist ebenfall noch ein beliebtes
Freizeitvergnügen. Dass das Leben damals, abgesehen von den
ständigen Kriegen, jedoch nicht ganz ungefährlich war,
zeigt ein Relief auf dem ein Mann im Wald von einem Raubtier angegriffen
wird. |
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Nachdem man die Reliefs
in der äusseren Galerie betrachtet hat, sollte man sich nun
durch den östlichen Gopura in das Innere des Tempels bewegen.
Rechts und links sieht man die Reste zweier Bibliotheken, von denen
die nördliche von einem japanischen Team gerade restauriert
wird. Der Innenhof bietet ein recht chaotisches Bild aus umherliegenden
Steinen, Mauerresten und Fundamenten. Vor einem befindet sich nun
der Aufgang zu den inneren Galerien. Auch diese Galerien sind mit
Reliefs verziert. Das bekannteste davon befindet sich in einer kleinen
Kammer auf der Ostseite und behandelt eine Sage über einen
"Lepra-König" und zeigt diesen, wie er mit blossen
Händen mit einer Schlange kämpft. |
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Im Inneren des Tempels sollte
man sich zunächst einmal umschauen, bevor man den Aufstieg
nach oben unternimmt. Die Galerien mit ihren kleinen Kammern und
Gängen, die zudem noch unterschiedlich hoch sind, vermitteln
einen düsteren, geheimnisvollen Eindruck. Hinter jeder Ecke
kann eine Überraschung warten. Man stösst auf Lingas
und Buddhastatuen, Betende, selbst eine geheime Quelle. Das Gefühl
der Klaustrophobie, dass sich beim Umherwandern durch den unteren
Bereich einstellt, gehört zum Gesamterlebnis des Bayon
und man sollte es eine Zeitlang aushalten, bis man sich an der Ostseite
über eine steile Treppe auf den Weg nach oben macht. |
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Auf der oberen Platform
ändert sich das Bild dramatisch : Nachdem sich die Augen an
das grelle Sonnenlicht gewöhnt haben, sieht man vor sich eine
grosse Fläche auf der sich die Türme plötzlich klar
voneinander abgrenzen. Die sanft lächelnden Gesichter scheinen
einen förmlich zu begrüssen. Nach der fast bedrohlichen
Atmosphäre der unteren Etagen mit ihren zumeist gewalttätigen
Reliefs, herscht hier plötzlich eine friedliche und, trotz
der Besucher, ruhige Atmosphäre. Was sich von unten noch als
Chaos aus Steinen und Gesichtern darstellte, löst sich nun
in eine feine Ordnung auf und man bekommt schlagartig den Eindruck,
als erkläre einem eine innere Stimme den Sinn der ganzen Anlage
und flüstere einem ins Ohr : "Ich bin Avalokitesvara
/ Jayavarman VII. und ich wache über Dich!" |
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Auf der oberen Platform gibt es keinen
Ort, von dem man nicht mehrere der Gesichter sieht, im Profil, von
der Seite oder schräg. Insgesamt sind 49 Türme, die eigentlich
begehbare Schreine sind, erhalten. Manche sind grösser als
die anderen, manche tragen vier Gesichter, manche nur zwei.
In der Mitte der Platform befindet sich das Zentralmassiv, dass
alle anderen Türme überragt. Ursprünglich befanden
sich hier nur vier Eingänge an jeder Kardinalseite. Im Zuge
von Erweiterungen wurden in den Zwischenräumen vier weitere
Eingänge angelegt und die Zwischenräume mit Wänden
versehen, so dass der zentrale Turm nun annähernd rund erscheint.
Die Eingänge zum zentralen Turm sind mit wunderschönen
Devatas verziert. |
In dem Heiligtum befand
sich ursprünglich eine 3,6m hohe Buddhastatue. Diese wurde
unter Jayavarman
VIII. , im Bestreben, den alten hinduistischen
Glauben wieder zu beleben, zerstört. Wundersameweise fand man
alle Teile der Statue und es gelang, sie wieder zusammenzusetzen.
Sie befindet sich nun ausserhalb des Bayon, in einem kleinen
Pavillon. |
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Der Besuch des Bayon
lohnt zu jeder Tageszeit. Kurz nach Sonnenaufgang oder kurz vor
Sonnenuntergang erstrahlen die Gesichter in verschiedenen Farben.
Gegen Mittag zeichnen sich wiederum die Reliefs am besten von Hintergrund
ab.
Nach dem Angkor Wat ist der Bayon sicherlich DAS
Highlight Angkors und der gesamten Khmer-Architektur. |
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