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Tai
 
Der Ursprung der Tai-Völker liegt weitgehend im Dunkeln. Man vermutet, dass sie irgendwann in früher Zeit aus dem Raum Tibets in die südlichen Provinzen Chinas zogen. Die ersten Quellen über die Tai stammen aus chinesischen Quellen. Dort werden die Tai als Volk beschrieben, das vornehmlich die fruchtbaren Täler und Ebenen bewohnte und in erster Linie vom Reisanbau lebte. Ihre Religion bestand aus dem Glauben an Geister und Zauberei. Tätowierungen waren als Initiationsschmuck weit verbreite tund sie sprachen eine Art "Proto-Thai".
 
Oft wird das Reich Nan Zhao mit den Tai in Verbindung gebracht, das etwa im 8. Jahrhundert in der heutigen chinesischen Provinz Yunnan entstand. Doch auch wenn dort sicherlich Tai lebten, war es doch kein Tai-Reich, wie oft behauptet wird. Die frühen Tai fromten keine Staaten. Kern ihres sozialen Lebens war die Grossfamilie, die im Gegensatz zu den Chinesen in Häusern auf Stelzen lebte. Die Familien lebten von Landwirtschaft, Fischfang und der Jagd und sie stellten Kleidung und Werkzeuge her. Um sich die Arbeit zu teilen, lebten mehrere Familien in Dörfern zusammen, die von einem Ältestenrat regiert wurden.
Mehrere Dörfer betrieben untereinander Handel und waren zu den sogenannten Müang zusammengefasst. Der Begriff "Müang" entzieht sich einer genauen Übersetzung und er bezeichnet sowohl eine geografische, als auch eine soziale Einheit. Die Müang wurden zumeist von einzelnen Männern regiert, die über besondere Fähigkeiten, wie z.B. körperliche oder magische Kräfte, besondere Charakterstärke, Führungsqualitäten, Reichtum usw., verfügten. Man kann einen Müang auch als Einflussphäre dieser Chao ansehen. Die Bewohner des Müang waren den Chao tributpflichtig und mussten bei Konflikten mit anderen Müang Kriegsdienst leisten oder die Krieger des Chao anderswie unterstützen und Konflikte gab es genügend. Rekonstruktion eines Tai-Dorfes in Mini-Siam / Pattaya.
Die Tai waren immer auch ein Volk von Kriegern. Da die Chao in der Regel im Zentrum eines Müang lebten, nahm ihr Einfluss zu den Rändern hin immer weiter ab, bis sie an die Ausläufer eines anderen Müang stiessen. Infolgedessen waren die Übergänge stets fliessend und es gab keine festgeschriebenen Grenzen, was ständige Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen zur Folge hatte. Da das Gebiet der Tai recht gering bevölkert und fruchtbares Land im Überfluss vorhanden war, ging es bei diesen Konflikten nicht um Landbesitz, sondern in erster Linie um den Einfluss auf Menschen, die als Arbeiter, Soldaten und vor allem Steuerzahler einen viel grösseren Wert für die Chao hatten, als Land. Die Macht eines Chao und die Grösse seines Müang waren also von seinen militärischen Fähigkeiten und seinen finanziellen Möglichkeiten eine Streitmacht zu unterhalten, abhängig. Einige Müang entwickelten sich zu lokalen Machtzentren, die jedoch wiederum den chinesischen Machthabern tributpflichtig waren. Für die Chinesen wiederum war es weitaus einfacher, mit einzelnen Chao umzugehen, als mit einer Vielzahl von Dörfern und deshalb liessen sie die Chao weitgehend autonom gewähren.
Dennoch veranlassten der Druck der Chinesen und vermutlich auch die ständigen Kriege immer wieder einzelne Gruppen der Tai, angeführt von ihren Chao, ihr angestammtes Gebiet zu verlassen. Sie folgten hierbei in der Regel den Flussläufen. Ein Teil von ihnen wanderte Richtung Südosten in die Gegend des heutigen Nordvietnam, andere gelangten in die bergigen Regionen des heutigen Nordthailand, Burmas und Laos'. Von dort wanderte ein weiterer Teil in Richtung der tiefergelegenen Gebiete im Kern Südostasiens. Irgendwann wurde die Verbindung zwischen diesen Gruppen unterbrochen und ihre Kulturen begannen sich unabhängig voneinander zu entwickeln. Eine kulturelle Grenze bildete hierbei der annamitische Rücken, der auch heute noch das chinesisch geprägte Vietnam von den übrigen, vornehmlich indisch geprägten, Ländern Südostasiens trennt.
Die Tai, die in Richtung Vietnam zogen, gerieten unter den Einfluss der Vietnamesen und übernahmen Teile von deren Kultur. Die Tai, die in den Gebirgen blieben, entwickelten sich getrennt voneinander zu Stämmen, wie etwa den Shan in Burma. Auch die Sprachen entwickelten sich auseinander. Dennoch blieben linguistische Gemeinsamkeiten und die Sprache, die man heute in der Gegend des vietnamesischen Dien Bien Phu spricht, ähnelt durchaus noch den Sprachen, die man heute als "Thai" oder "laotisch" bezeichnet.
Die Tai, die von den Bergen in das tiefergelegene Kernland Südostasiens wanderten, stiessen dort auf schon bestehende Kulturen, etwa der indisch geprägten Dvaravati-Kultur der Mon. Von dort übernahmen sie auch den Buddhismus, der sich neben der Sprache zu einem weiteren wichtigen Merkmal der Tai-Kultur entwickeln sollte. Die Tai-Stämme in den Bergen blieben weitestgehend Animisten oder traten erst viel später zum Buddhismus über. Einige wurden auch christlich missioniert.
Die Dvaravati-Kultur wurde schliesslich vom expandierenden Reich Angkors zerstört, dessen Herrscher jedoch wiederum den Müang der Tai weitgehende Autonomie liessen. Auch für die Khmer war es schliesslich einfacher, sich mit einzelnen Personen zu befassen, als mit einer Vielzahl von Dörfern und so stiegen einzelne Chao innerhalb der Hierarchie der Khmer auf und ihre Gebiete entwickelten sich zu lokalen Machtzentren innerhalb des Reiches von Angkor. Als Beispiel sei die Tempelanlage von Phanom Rung genannt. Weitab vom Machtzentrum Angkors begannen jedoch bald auch einzelne Chao den, in diesen Gebieten ohnehin recht schwachen, Einfluss der Khmer abzuschütteln und strebten nach Unabhängigkeit. Mit Sukothai, Lan Na und einer Reihe kleinerer Müang entstanden die ersten autonomen Tai-Staaten auf dem Gebiet des heutigen Thailand. Unterstützung erhielten sie hierbei von ganz anderer Seite : Als die Mongolen im Jahre 1253 in Südchina einfielen, löste dies eine gewaltige Flüchtlingswelle Richtung Süden aus. Die fliehenden Tai trafen hierbei überall auf ihre Verwandten, die sich schon Generationen vorher auf den Weg gemacht und gerade im Raum Thailands längst in eigenen Staaten etabliert hatten. Die Neuankömmlinge wurden freudig aufgenommen, bedeuteten sie doch eine enorme Stärkung der eigenen Position und die Tai-Kultur begann das Zentrum Südostasiens zu dominieren.
 
 
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