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Für jeden, der sich
für die Geschichte und Kultur Thailands interessiert, sollte
ein Besuch des National Museum unbedingt auf dem Plan stehen.
In keinem anderen Museum Thailands findet man eine derart vielseitige
Sammlung an Exponaten, aus allen Regionen und allen Stilepochen.
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Der Grund hierfür liegt natürlich
auch darin, dass nach der Zerstörung Ayutthayas
und der Konsolidierung des Reiches in der neuen Hauptstadt Bangkok
die Könige der Chakri-Dynastie
viel Wert darauf legten, dem "neuen" Staat eine Identität
und Geschichte zu geben und daran gingen, Kunstwerke aus dem ganzen
Land nach Bangkok zu schaffen. Obwohl natürlich nicht
immer alles freiwillig herausgegeben wurde, muss man doch sagen,
dass die Sammelwut der Chakri-Könige viele Kunstschätze
und archäologische Objekte erst vor dem Vergessen und der Zerstörung
bewahrten. Gerade
König Mongkut war ein besonders eifriger
Sammler, da er auf seinen Reisen als Wandermönch viele Dinge
überhaupt erst wiederentdeckte, die längst vergessen waren.
Aufgrund der Fülle an Exponaten und Informationen empfiehlt
es sich, die deutschsprachige Führung wahrzunehmen, die jeden
Donnerstag um 09:30 Uhr beginnt.
Natürlich kann man sich auch alleine durch- |
schlagen. In jedem Fall sollte man aber
Zeit mitbringen.
Die Geschichte des Museums geht zurück auf das Jahr 1874,
als König
Chulalongkorn das erste öffentliche Museum
Thailands eröffnete und hier hauptsächlich die umfangreiche
Sammlung seines Vaters Mongkut ausstellte. Dieses Museum
befand sich noch innerhalb des Königspalastes.
1884 zog das Museum in den Palast des königlichen
Nachfolgers, des "Wang Na". Da Chulalongkorn
die Position des Wang Na abgeschafft hatte, war der grosse
Palast ohnehin weitestgehend frei geworden.
Unter Rama
VI. wurden auch die noch bewohnten Trakte des
Palastes von der königlichen Familie geräumt und zuerst
wurden diese Gebäude von der Armee genutzt. 1926
wurde schliesslich das gesamte Palastgelände für das neue
Capital Museum freigegeben, welches mit grosser Zeremonie
vom damaligen König Rama
VII. eröffnet wurde.
Nach der Errichtung der konstitutionellen Monarchie wurde das Museum
schliesslich in National Museum umbenannt. Seitdem wurde
es immer weiter ausgebaut und erweitert. Der alte Wang Na-Palast
blieb jedoch im Wesentlichen erhalten.
Man sollte seinen Rundgang im Sivamokkhabhiman Gebäude,
direkt am Kassenhäuschen, beginnen. Dieses Gebäude wurde
1782 komplett aus Holz errichtet. Im Wang Na-Palast
diente es als Thronhalle für den königlichen Nachfolger
und für religiöse Zeremonien. Unter
Rama III. wurde es erweitert und mit Mörtel
verkleidet.
Heutzutage befindet sich in dem Gebäude ein sehr informativer
Rundgang durch die Geschichte
Thailands von der Frühzeit bis zur Gegenwart.
Neben einer Unzahl an historischen Gegenständen wird die Geschichte
mit Hilfe von Schautafeln, Multimediainstallationen und einer Reihe
von aufwendigen Modellen und Dioramen sehr umfassend verdeutlicht.
Im hinteren Teil des Gebäudes befindet sich die "Galerie
der Frühgeschichte", in der man auch die berühmten
Funde aus Ban Chiang sehen kann.
Nachdem man den Rundgang beendet hat, verlässt man das Gebäude
und sieht rechts den Buddhaisawan-Tempel, der als königliche
Kapelle im Wang Na-Palast diente. |
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Er wurde 1795 errichtet
und beherbergt die, nach dem Smaragdbuddha im Wat
Phra Khaeo zweitverehrteste Buddhastatue Thailands,
den Phra Buddha Sihing, der unter einem Baldachin thront.
Diese, etwa 1m hohe, formvollendete Statue ist zugleich eine der
schönsten Thailands, vergleichbar mit dem Phra
Buddha Chinarat in Phitsanulok.
Sie blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Der Legende
nach wurde sie vor etwa 1100 Jahren, ebenso wie der Phra
Buddha Sihing aus Chiang
Mai, auf Sri Lanka gegossen. Drei Könige
und ein Heiliger wollten dort das perfekte Abbild des Buddha schaffen.
Als eine Naga hiervon erfuhr, veränderte sie ihr Aussehen
und stand für die Statue Modell.
Historiker sehen den Ursprung der Statue jedoch in |
Sukothai.
Sie besitzt zwar durchaus ceylonesische Charakteristika, dies ist
jedoch für eine Sukothai-Statue nicht gerade untypisch,
da Sukothai sehr enge Beziehungen zu Sri Lanka
pflegte, vor allem auf kulturellem Gebiet.
Die Statue wechselte mehrfach ihren Ort, meist als Kriegsbeute,
bis sie schliesslich im Jahre 1795 von Rama
I. von Chiang Mai an ihren heutigen Ort
gebracht wurde. Alljährlich wird die Statue zum Songkran-Fest
in einer feierlichen Prozession durch die Strassen Bangkoks
getragen.
Die faszinierenden Wandmalereien im Inneren des Gebäudes sind
die ältesten Bangkoks, da man sie noch im Originalzustand
bewundern kann. |
Hinter dem Buddhaisawan-Tempel
folgt das "Red House", ein Teakholzgebäude,
benannt nach dem roten Anstrich, einem Pflanzenpigment, dass zum
Schutz des Holzes dient und in Asien weit verbreitet ist. (s. Jim
Thompson House)
Dieses Haus diente als Residenz einer Schwester Ramas I.
und bietet Einblick in die (adlige) Wohnkultur vergangener Zeiten.
Man erkennt auch sehr schön die "Fertigbauweise"
alter Thaihäuser, die es relativ leicht ermöglichte, diese
schnell ab- und anderswo wieder aufzubauen.
Schräg gegenüber vom "Red House" sieht
man den prächtigen Sala Samrammukhamat, einen teilweise
vergoldeten Pavillon mit einem grossen Dach im Thaistil. |
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Um seinen Rundgang chronologisch zu
gestalten, sollte man hinter dem "Red House"
links gehen und dort den Südflügel betreten. Im Erdgeschoss
dieses Gebäudes findet man zunächst einen Überblick
über den Einfluss der indischen Kunst auf die spätere
Thaikultur. Weitere Räume zeigen die Entwicklung der Khmer-Kultur
bis zu ihrer Hochblüte, der Bayon-Periode.
Im zweiten Stock dann ein Überblick über die verschiedenen
frühen Kunststile Thailands : Dvaravati
und Srivijaya.
In der Dvaravati-Abteilung beeindrucken die grossen "Räder
der Lehre". Bei Srivijaya findet man auch eine Reihe
von Statuen und Figuren hinduistischen und buddhistischen Ursprungs
aus Zentraljava. Besonders beeindruckend ist eine massive
Ganesh-Statue und die berühmte Statue des Bodhisattva
Avalokitesvara, aus Chaiya,
die den Mittelpunkt eines Raumes bildet und an römische Statuen
erinnert. |
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Vom Südflügel aus sollte
man nun die inneren Gebäude umgehen und sich an der Bibliothek
vorbei in den Nordflügel begeben. Hier findet man Artefakte
aus Sukothai, Ayutthaya, Lan
Na und der Bangkok-Periode.
Anschliessend sollte man die Issaretrachanusorn Hall im
zweiten Stock des nächsten Gebäudes besuchen. Diese wurde
für Rama IV. erbaut und weist noch die ursprüngliche
europäische Einrichtung auf.
Danach empfiehlt sich ein Besuch der königlichen Begräbniswagen.
Die meisten dieser prunkvollen Wagen stammen aus der Zeit Ramas
I.. In der Nähe des Einganges befindet sich der Phra
Maha Pichai Ratcharot oder auch "Wagen des grossen Sieges".
Dieser dient ausschliesslich zum Transport der Urne |
eines Königs oder einer Königin.
Er besteht aus vergoldetem Teakholz und ist über und über
mit meisterhaften Holzschnitzarbeiten und eingelegten Glasscherben
verziert. Der Wagen wiegt 20 Tonnen und wird von 160 Männern
gezogen. Weitere 135 müssen ihn bremsen.
Nachdem man die prunkvollen Wagen besichtigt hat, sollte man sich
nun den Gebäuden des eigentlichen Wang Na-Palastes
in der Mitte des Geländes zuwenden. |
Der ehemalige Issaravinitchai-Audienzsaal,
direkt an der Kopfseite, wird für wechselnde Ausstellungen
genutzt und ist ansonsten verschlossen.
Die hinteren Räume zeigen jedoch eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen
und Kunstwerken aus allen Epochen, darunter auch die Schätze,
die unter dem Wat
Ratchaburana in Ayutthaya gefunden wurden
und der berühmte Inschriftenstein
aus Sukothai.
Das Museum ist ausser Montags jeden Tag von 09:00
bis 16:00 geöffnet. Der Eintritt kostet 40
Baht.
Wer sich vorab informieren möchte, sollte sich in einer Buchhandlung
den "Guide to the gallery of thai history" besorgen,
den es offensichtlich im Museumsshop nicht immer gibt.
Leider kommt im Museum die Geschichte des Lan Na-Reiches
etwas zu kurz. Dies hat wohl vor allem historische Gründe,
da Lan Na zum Zeitpunkt der Museumsgründung noch ein
halbwegs autonomer Staat war.
Ausserdem wird die Geschichte Lan Nas im südlichen
Thailand, also dem Gebiet des ehemaligen Siam, gerne etwas
heruntergespielt.
Wer sich ausführlicher für die Geschichte Lan Nas
interessiert, muss wohl in den nicht ganz so sauren Apfel beissen
und das National Museum in Chiang
Mai aufsuchen.
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