Der Buddhismus ist in Thailand Staatsreligion und einender Faktor der gesamten Thaigesellschaft.
Der Legende nach sandte Im 3. Jahrhundert v. Chr. der indische Herrscher Asoka Mönche in aller Herren Länder aus, um die Lehre des Buddha, das Dharma zu verbreiten. Zwei von diesen Mönchen sollen das Gebiet des heutigen Thailand in der Nähe von Nakhon Pathom erreicht haben, wo der gewaltige Phra Phatom Chedi noch heute an dieses Ereignis erinnert.
 
Die Mönche stiessen hier auf schon vorhandene Religionen der Ureinwohner. Zum einen war der hinduistische Brahmanismus durch indische Kaufleute verbreitet worden, zum anderen hingen die Menschen dem Animismus an, einer Urform der Religionen, die vom Glauben an Götter, Geister und Dämonen mit einer Vielzahl von Riten bestimmt wurde.
Der grundsätzlich tolerante Buddhismus hatte keine Probleme damit, mit den anderen Religionen zu koexistieren. Er breitete sich langsam über ganz Südostasien aus, wobei er jedoch eine Menge der Riten der anderen Religionen übernahm.
Durch diese Vermischung kam es, dass der ansonsten eher logisch, sachliche Buddhismus heute in Thailand und anderen asiatischen Ländern von einer Vielzahl an Bräuchen durchsetzt ist, die mit der ursprünglichen Lehre eigentlich nicht mehr viel zu tun haben. Letztlich machte aber gerade diese Toleranz den eher sachlichen und von logischen Prinzipien ge-
prägten Buddhismus zu einer akzeptierten Volksreligion.
Nach dem Tod des Buddha wurde das Dharma beständig weiterentwickelt und die buddhistische Gemeinschaft teilte sich schliesslich in verschiedene Schulen. Im Norden Indiens und in Tibet entstand die Schule des Mahayana ("grosses Fahrzeug"), während z.B. in Ceylon die Schule des Hinayana ("kleines Fahrzeug") gelehrt wurde.
Während im Hinayana die Erleuchtung des Einzelnen im Mittelpunkt steht, gibt es im Mahayana das Ideal des
Boddhissattva. Dies sind Wesen, die die Erleuchtung erlangt haben, ihren Einzug ins Nirvana jedoch aus Mitleid bewusst zurückstellen, um anderen Wesen beim Erlangen der Erleuchtung zu helfen. Dies ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Schulen.
Sehr grob kann man Hinayana und Mahayana mit Katholizismus und Protestantismus vergleichen. Der Vergleich hinkt an vielen Stellen, soll aber an dieser Stelle ausreichen.
Die Trennung erfolgte jedoch im Gegensatz zu anderen Religionen auf rein intellektueller Ebene und beide Schulen bestanden weiterhin friedlich nebeneinander.
Während der Buddhismus in Indien unter den muslimischen Moguln unterdrückt wurde und rasch an Einfluss verlor, breitete sich der Mahayana-Buddhismus über Tibet, China, Japan, Vietnam, bis nach Kambodscha aus. Als sich jedoch in Sukothai das erste Thai-Königreich gründete, beschlossen die dortigen Herrscher, den Hinayana-Buddhismus aus Ceylon zu übernehmen, um sich auch kulturell von ihren ehemaligen Khmer-Herrschern abzugrenzen.
Der Hinayana-Buddhismus wird in Thailand auch Theravada genannt und stellt trotz aller Verwässerungen noch eine sehr ursprüngliche Form des Buddhismus dar. In einigen Tempeln wird heute auch eine "moderne" Form des Theravada gelehrt, in
die auch Einflüsse aus dem Christentum, dem Taoismus und selbst dem Sozialismus einbezogen werden.
Heute bekennen sich etwa 95% aller Thais zum Buddhismus und davon sind wiederum etwa 95% Theravada-Buddhisten. Der König von Thailand gilt als Hüter und Bewahrer der Religion. Wer den König beleidigt, beleidigt auch den Buddhismus und beide Vergehen werden in Thailand mit sehr empfindlichen Geld- oder auch Haftstrafen geahndet.
Trotz aller Toleranz gegenüber anderen Religionen bedeutet "Thai-Sein" für die Thais de facto auch Buddhist-Sein. Angehörige anderer Religionsgruppen werden immer noch als "Gäste" angesehen und stehen weitgehend ausserhalb der thailändischen Gesellschaft.
Das gesamte soziale und private Leben wird von buddhistischen Denkweisen geprägt und manche charakterliche Eigenheit der Thais, die der Europäer
oben : die buddhistische Fahne Thailands
nicht versteht und mit der Floskel "geheimnisvolles Asien" abtut, fusst in der buddhistischen Lehre. Selbst die ruhige, oftmals fast leise Art der Thais zu sprechen hat ihren Ursprung im Buddhismus, der als "mittlerer Weg" jegliche überschwengliche Gefühlsäusserung, sei sie negativer oder positiver Natur, zu vermeiden sucht.
Mönche und Laien
 
Im Theravada-Buddhismus haben Mönche, die Bikkhus, eine besondere Stellung. Als potenzielle Arhats, also als potenziell Erleuchtete, gelten sie als besonders verehrungswürdig. Die Verehrung gilt jedoch nicht der Person, sondern der Robe und dem Ideal, das sie verkörpert.
Natürlich sind auch Mönche nur Menschen, die fehlbar sind. Das Dharma muss man im Prinzip als Angebot an die Menschen betrachten, ihr Leben zu verbessern und der Weg des Dharma besteht oftmals aus Versuch und Scheitern. Nur so ist es zu erklären dass
in den siebziger Jahren z.B. der Mönch Phra Kittiwuttho Bhikkhu das Töten von Kommunisten als verdienstvolle Tat pries.
Das Leben der Mönche ist stark reglementiert. Auf alle Regeln einzugehen, denen Mönche unterliegen, würde den Rahmen dieser Seite sprengen. Insgesamt sind es mindestens 227, in einigen strengeren Orden sogar noch mehr und die meisten dieser Regeln stammen noch vom Buddha persönlich und lassen dessen scharfen Pragmatismus erkennen.
Zuallererst muss ein Mönch auf jeglichen persönlichen Besitz verzichten. Er darf nur die sogenannten acht Bedarfsgegenstände besitzen. Dazu gehören seine Roben, seine Bettelschale, ein Rasiermesser und diverse Kleinteile, wie z.B. eine Nadel zum Reparieren seiner Robe.
Etwaiger Besitz aus der Zeit seines Laiendaseins darf von ihm weder genutzt, noch verwaltet werden.
Darüberhinaus darf er kein Geld besitzen. Geld, dass den Mönchen überreicht wird, muss von diesen an die Klosterverwaltung weitergegeben werden, die es wiederum nach ihrem Gutdünken weiterverwendet. Desweiteren ist auch Schmuck verboten, wozu auch Frisuren und Haare im Allgemeinen gehören, weshalb jedem Novizen als erstes der Kopf und die Augenbauen rasiert werden.
Die Mönche leben in ihren Mönchszellen, den Kutis. Diese fallen, je nach Wohlstand des Tempels, unterschiedlich komfortabel aus, sind aber trotzdem spartanisch eingerichtet, da sie eigentlich nur zum Schlafen und zur Meditation dienen.
Dass ein Mönch keinen Alkohol oder gar Drogen zu sich nehmen darf, versteht sich fast von selbst. Momentan gibt es eine Grundsatzdiskussion, ob sich dieses Verbot auch auf Zigaretten erstreckt, denn die Regel des Buddha verbietet eigentlich nur Substanzen, die den Geist trüben. Da Mönche allerdings auch ein positives Beispiel für die Bevölkerung sein sollen, dürfen sie mittlerweile nur noch in bestimmten Bereichen des Tempels rauchen, wo sie niemand sieht, was ein wenig an amerikanische Unternehmen erinnert.
Die grösste Hürde dürfte jedoch der Verzicht auf Sex sein. Thailändische Mönche unterliegen dem Zölibat. Hierzu muss man erwähnen, dass der Buddhismus keineswegs sexfeindlich ist. Schliesslich war der Buddha selbst Vater eines Sohnes. Der Buddha sah in der Sexualität lediglich eine Hürde auf dem Weg zur Erleuchtung, ebenso, wie beispielsweise Besitzdenken. Ansonsten macht der Buddhismus in Thailand niemandem Vorschriften bezüglich seines Sexuallebens, solange es nicht im Widerspruch mit allgemein gültigen Normen und Gesetzen steht und von allen Beteiligten freiwillig und ohne Zwang ausgeübt wird. In einigen anderen buddhistischen Ländern, wie z.B. Japan dürfen Mönche sogar heiraten und Kinder zeugen.
In Thailand jedoch ist Mönchen jegliche sexuelle Handlung verboten und hierüber gibt es auch noch nicht einmal ansatzweise eine Diskussion, wie z.B. im Katholizismus. Natürlich sind buddhistische Mönche auch in einer anderen Lage, als etwa katholische Priester, deren Tätigkeit ein gelernter Beruf ist, dessen Verlust weitreichende persönliche Konsequenzen nach sich zieht. Thailändische Mönche hingegen können das Klosterleben jederzeit verlassen und relativ leicht ins "bürgerliche" Leben zurückkehren. Wer allerdings im Kloster bleibt, von dem erwartet man, dass er auch die Regeln einhält.
Über die strikte Einhaltung der Regeln wacht wiedrum der oberste Sangha und da der Buddhismus in Thailand Staatsreligion ist und sich der Staat auch als dessen Hüter versteht, werden schwere Vestösse gegen die Mönchsregeln auch einem weltlichen Gericht überantwortet und ziehen in der Regel schwere Strafen nach sich. Sexuelle Handlungen von Mönchen werden u.U. mit mehrjährigen Gefängnisstrafen geahndet und noch schlimmer ist vermutlich die gesellschaftliche Ächtung der beteiligten Personen. Ich erinnere, dass der Fall eines Mönches, der inflagranti mit einer Frau erwischt wurde, kurzfristig selbst den Krieg in Afghanistan von den Titelblättern der Zeitungen verdrängte.
Im Theravada-Buddhismus dürfen Mönche noch nicht einmal von Frauen berührt werden. An vielen Orten, z.B. in Bussen gibt es spezielle Plätze nur für Mönche, um zu vermeiden, dass diese im Gedränge in Berührung mit Frauen geraten. Sollte dieses jedoch trotzdem einmal passieren, muss sich der Mönch langwierigen "Reinigungszeremonien" unterziehen. Aus diesem Grunde dürfen Frauen Mönchen auch nicht direkt Geschenke oder Essen überreichen, sondern sie müssen dieses über Dritte -natürlich Männer- tun oder sie legen die Gaben in ein Tuch, dass der Mönch zu diesem Zwecke bei sich führt.
Der Grund hierfür liegt jedoch in erster Linie nicht in einer etwaigen Diskrininierung der Frau, sondern dient hauptsächlich zum Schutz des Mönches, um ihn in jeder Form vor unkeuschen Gedanken und falschen Schlussfolgerungen zu bewahren. Auf der anderen Seite soll der Mönch, besonders in Anwesenheit von Frauen auf korrekte Kleidung, sprich den Sitz seiner Robe, achten, um wiederum nicht bei den Frauen bestimmte Gefühle zu wecken.
 
Prinzipiell wird im Theravada-Buddhismus nur Mönchen die Möglichkeit zugestanden, Erleuchtung zu erlangen, da nur sie die nötige Zeit und vor allem Ruhe haben, sich durch Meditation und intensives Studium des Dharma auf die Erleuchtung vorzubereiten. Laien wird diese Möglichkeit abgesprochen, da sie durch die Anforderungen des täglichen Lebens nicht in der Lage sind, dem Dharma in ausreichender Weise zu folgen.
Strenggenommen sollten Mönche gar keine Tätigkeit ausüben, die sie in irgendeiner Form von ihrem Ziel ablenkt. Hierdurch geraten sie natürlich in die Abhängigkeit von der "arbeitenden" Bevölkerung und dies ist auch völlig beabsichtigt, denn dies schafft die Grundlage für das beinahe symbiotische Verhältnis zur Laienbevölkerung.
 
Dieses wird wohl am deutlichsten durch den morgendlichen Bettelgang der Mönche versinnbildlicht.
Jeden Morgen, ausser in der Regenzeit, müssen die Mönche durch die anliegenden Dörfer und Gemeinden ziehen und sich ihr Essen erbetteln.
Die Laien haben schon früh morgens das Essen für die Mönche zubereitet und erwarten diese vor den Häusern. Kommen die Mönche an den Häusern vorbei, geben die Laien das Essen in die Bettelschalen der Mönche. Diese sprechen einen Segen für die Geber, quittieren die Gabe ansonsten aber ohne ein Wort des Dankes. Im Gegenteil : Da im Buddhismus der Glaube vorherrscht, dass jede Tat irgendwann einmal vergolten wird, sind es die Laien, die den Mönchen zum Dank verpflichtet sind, da diese ihnen die Möglichkeit gegeben haben, Gutes zu tun ("Tam Bun") und somit positive Verdienste für die Zukunft zu erlangen.
Lediglich in der Regenzeit kommen die Laien in den Tempel und bringen den Mönchen das Essen, da diese in dieser Zeit den Tempel nicht verlassen dürfen. Auch dies geht auf eine persönliche Anordnung des Buddha zurück, da zu seinen Lebzeiten das Reisen während der Regenzeit äusserst beschwerlich und auch gefährlich war.
Neben Essen werden den Mönchen auch notwendige Dinge für den täglichen Bedarf überreicht, oftmals schon zu kompletten Paketen zusammengeschnürt, die man in Geschäften oder auch auf dem Tempelgelände erwerben kann. Bei diesen Gaben geht es übrigens nicht um den materiellen Wert, sondern sie haben symbolischen Charakter und es verwundert oder beleidigt niemanden, wenn der Mönch
das Paket nach Erhalt wieder zurückstellt, damit der nächste Gläubige es erwerben und ihm überreichen kann. Was soll er schliesslich mit fünf Tuben Rasierschaum ? Der Erlös dieser Pakete ist an anderer Stelle sicherlich besser investiert.
Das Spenden wiederum ist völlig freiwillig und der Mönch muss das nehmen, was er bekommt oder auch nicht bekommt. So kann es durchaus vorkommen, dass Tempel aufgegeben werden müssen, weil die Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, die Mönche zu ernähren. In einem Land wie Thailand ist dies jedoch sicherlich die Ausnahme.
Diese Pflicht der Mönche, sich das Essen zu erbetteln, stammt übrigens ebenfalls noch vom Buddha persönlich. Dieser wollte hierdurch den Kontakt der Mönche zur Bevölkerung sicherstellen und verhindern, dass sich der Sangha gewissermassen in einen Elfenbeinturm zurückzieht. Mönche sollten durchaus ein Teil der Gesellschaft sein.
Da es in Thailand keine Kirchensteuer oder ähnliches gibt, sind auch die Tempel selbst von den Spenden der Bevölkerung abhängig. Selbst in den thailändischen Gemeinden im Ausland kursieren immer wieder Bittbriefe um Spenden für Tempel. Auf der anderen Seite sind traditionell die Tempel in Thailand zentraler Treffpunkt der Dorfgemeinschaft und der Ort, an dem Feierlichkeiten abgehalten werden. Selbst Rockkonzerte finden im Rahmen von Tempelfesten statt.
Als Gegenleistung für die Unterstützung der Mönche dienen diese als Berater in religiösen Dingen. Eine andere Verpflichtung haben sie gegenüber den Laien jedoch nicht.
Als einmal eine Gruppe europäischer Missionare ein Dorf im damaligen Ceylon besuchte, fragten sie die Bewohner, ob die dort lebenden Mönche irgendeinen Nutzen für die Dorfgemeinschaft hätten, von der sie immerhin versorgt wurden. Die einstimmige Antwort der Bewohner war : “Nein, warum sollten sie auch? Es sind schliesslich Mönche!”
Im Gegensatz zu christlichen Priestern haben buddhistische Mönche an sich keine seelsorgerischen Aufgaben, sondern sollen sich ausschliesslich auf das Dharma konzentrieren und dieses bei Bedarf erläutern und verbreiten. Dies jedoch auch nicht mit missionarischem Eifer, sondern eigentlich nur, wenn sie darum gebeten werden. Ausnahme sind Begräniszeremonien, da der Buddhismus dem Tod als Prozess des Überganges einen besonderen Stellenwert gibt.
Trotzdem engagieren sich die meisten der etwa 50000 Tempel im Lande in irgendeiner Form im sozialen Bereich und spielen hier mittlerweile sogar eine führende Rolle, da es ansonsten in Thailand kaum soziale Absicherungen gibt.
Die Könige der Chakri-Dynastie etwa nutzten gerade die Logistik der Tempel, um ihre bahnbrechenden Reformen durchzusetzen und vor allem erst einmal in der Bevölkerung bekannt zu machen.
Viele Tempel dienen als Schulen und vor allem arme Familien schicken ihre Kinder nicht nur dorthin, um spirituelle Verdienste zu erlangen, sondern um diesen auch eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Eine Ausbildung in einem Tempel ist praktisch eine Garantie für den Aufstieg innnerhalb der streng hierar-
chischen thailändischen Gesellschaftsordnung.
Einige Klöster kümmern sich um Arme und Kranke. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang der Wat Thamkrabok, etwa 150 km nördlich von Bangkok gelegen, der sich der Therapie von Drogenabhängigen verschrieben und mit teilweise recht drastischen Methoden einige Erfolge zu verzeichnen hat. Wiederum andere Klöster kümmern sich um die Pflege archäologischer Stätten und es gibt Klöster, die sich der Pflege von Tieren widmen, bekanntestes Beispiel ist der Wat Phra Luangta Bua Yannasampanno oder auch Tiger-Tempel, auf dessen Gelände die Mönche mit teilweise wilden Tigern zusammenleben.
Trotz allen unbestreitbaren Nutzens, ist das soziale Engagement der Mönche auch in Thailand nicht ganz unumstritten, da es nach Meinung einiger Kritiker der eigentlichen "Aufgabe" der Mönche, sich nämlich um ihre Erleuchtung zu kümmern, zuwiderläuft. Die Mönche verteidigen ihr Engagement jedoch mit der Berufung auf das Mitleid mit allen Wesen, einem der obersten Prinzipien des Buddhismus.

Der Sangha und überhaupt das gesamte System der Tempel basiert also in Thailand und auch anderen buddhistischen Ländern auf dem Prinzip von Geben und Nehmen.
Das Prinzip des "Tam Bun" gilt jedoch nicht nur für einzelne Personen. Auch grosse Unternehmen spenden regelmässig, auch mit der Aussicht auf gutes Karma und somit verbundene gute Geschäfte. Mönche müssen inden meisten Bereichen nur die Hälfte zahlen, z.B. für Flugtickets.
In dem symbiotischen Verhältnis zwischen Mönchen und Laien haben also Mönche scheinbar den leichteren Part und dies ist auch durchaus beabsichtigt, da man den Mönchen auf ihrem, als äusserst schwierig angesehenen Pfad zur Erleuchtung das Leben möglichst leicht gestalten will. Umso verständlicher ist natürlich der öffentliche Aufschrei, wenn Verfehlungen eines Mönches bekannt werden.
Auf der anderen Seite steht aber auch der Sangha für jeden offen, und jeder kann freiwillig in den Mönchsstand eintreten und von dem scheinbar leichteren Leben profitieren und diese Möglichkeit wird auch wahrgenommen :
Beinahe jeder männliche Thai tritt zumindest einmal in seinem Leben für eine bestimmte Zeitspanne in ein buddhistisches Kloster ein um sich intensiv mit den Lehren Buddhas auseinanderzusetzen. Bis 1945 war hierfür eine Zeitspanne von mindestens 3 Monaten vorgeschrieben. Heute ist die Zeitdauer des Mönchseins nicht mehr beschränkt und wird oft auf wenige Wochen verkürzt. Traditionell gehen jedoch auch heute noch viele Thais für eine Pansah, was ungefähr den drei Monaten der Regenzeit entspricht, ins Kloster. In Thailand gilt sogar jeder Mann, der nicht im Kloster war, als unreif und als jemand, der besonders seinen Eltern Schande bereitet. Selbst der König verbrachte einige Zeit als normaler Mönch im Wat Bowonniwet in Bangkok. Oft wird der Zeitpunkt des Eintrittes so gewählt, dass er zwischen Beendigung der Schule und dem Beginn des Berufslebens liegt.
Der Eintritt ins Kloster ("Buat Phra") ist einer der wichtigsten Abschnitte im Leben eines Thai und wird mit einem grossen Fest gefeiert.
Am Abend vor der Ordination lädt man eine Kapelle ein und der angehende Mönch wird in einer ausgelassenen Strassenprozession durch die Nachbarschaft geführt. Für die Eltern und besonders für die Mutter ist dieser Moment eine besondere Ehre, da sie sich hiermit Verdienste für ein späteres Leben erwirbt.
Entscheidet sich ein Arbeiter oder Angestellter Mönch zu werden, wird er für diese Zeit von seiner Firma freigestellt. Bei verheirateten Männern muss die Frau schriftlich ihre Einwilligung geben.
Es steht ausserdem jedem frei, dass Kloster wieder zu verlassen und in den Laienstand zurückzukehren, wenn er meint, die Regeln nicht einhalten zu können. Dies hat keine negativen Folgen oder Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Ruf des Betreffenden. Im Gegenteil : Er wird dafür geachtet, dass er überhaupt im Kloster war und es gilt das Sprichwort : “Besser ein guter Laie, als ein schlechter Mönch.”
Der Sangha steht übrigens auch Europäern offen und es gibt sogar einzelne westliche Äbte und hoch geachtete Farang-Mönche in Thailand. Obwohl man sich theoretisch an jedem Tempel um Aufnahme bewerben kann, sollte man sich bei Interesse jedoch vorher tunlichst schlau machen. Sehr viele Mönche, vor allem auf dem Land, sprechen kein Englisch. Wenn man also nicht gerade fliessend Thai spricht, dürfte es erhebliche Veständigungsprobleme geben. Die Gebete und Riten werden ohnehin in Thai oder gleich in Pali abgehalten. Allein schon aus diesem Grunde werden die Aufnahmeanträge sicherlich vom jeweiligen Abt , abgelehnt werden. Man sollte sich also einen Tempel suchen, in dem sich schon europäische Mönche aufhalten oder zumindest einige Mönche Englisch sprechen. Auch hiervon gibt es eine Reihe, vor allem in der Umgebung von grösseren Städten und Touristikzentren. Natürlich sollte man sich diesen Schritt vorher genau überlegen, denn "gelebter" Buddhismus unterscheidet sich doch massgeblich vom "Patchwork"-Buddhismus, der in Europa mittlerweile in zahlreichen Lebensberatungs- und Wellnessbüchern propagiert wird. Wer nur an ein bischen geistiger Ruhe interessiert ist, sollte besser einen der zahlreich angebotenen Meditationskurse belegen.
 
Frauen
 
An dieser Stelle muss ich das vorher gesagte ein wenig revidieren und auf die Stelle der Frau im thailändischen Buddhismus eingehen, denn es gibt hier durchaus frauenfeindliche Aspekte. Zunächst einmal muss man Wissen, dass der Buddha selbst keinerlei chauvinistischen Gedanken anhing. Im Gegenteil war er sich durchaus der schwierigen Lage der Frauen in seiner Heimat Nordindien bewusst. Diese Lage hat sich auch seit den Lebzeiten des Buddha kaum merklich gebessert. Der Buddha selbst ermutigte Frauen, sich aus den Fesseln ihres Daseins zu befreien und gründete schliesslich persönlich, trotz einiger Bedenken, den ersten Nonnenorden. Seine Bedenken rührten vor allem daher, dass er und der Sangha schon zu seinen Lebzeiten allerlei Neid und Missgunst ausgesetzt waren. Selbst dem Buddha wollte man wiederholt schaden, indem man ihm Verhältnisse mit Frauen unterstellte. Aus diesem Grunde tat der Buddha sich anfangs schwer damit, Frauen in den Orden aufzunehmen, da er seinen Kritikern in dieser Richtung keine Angriffsfläche bieten wollte. Auf der anderen Seite war er sich natürlich der Tatsache bewusst, dass auch Frauen die Möglichkeit und das Recht hatten, das Dharma zu erlernen und erleuchtet zu werden.
Nach einigem Zögern liess er schliesslich Frauen zu, formulierte jedoch weitere Regeln, die das Zusammenleben von Mönchen und Nonnen ermöglichen sollten, ohne dass der Sangha in den Ruf einer "Sexkommune" geraten konnte. In den buddhistischen Überlieferungen, die seit der Zeit des Buddha weitergegeben werden, findet sich jedenfalls kein konkreter Hinweis auf eine unterschiedliche Bewertung von Mann und Frau.
Sowohl chauvinistische Kreise innerhalb des Sangha, als auch Leute, die dem Buddhismus Frauenfeindlichkeit vorwerfen, führen heute gerne angebliche Zitate des Buddha an, um ihre Sichtweise zu untermauern. Ein hierbei sehr häufig benutztes Zitat ist beispielsweise das Folgende :
"Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Gestalt des Weibes. Die Gestalt des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keine andere Stimme, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Stimme des Weibes. Die Stimme des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keinen anderen Duft, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Duft des Weibes. Der Duft des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keinen anderen Geschmack, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Geschmack des Weibes. Der Geschmack des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keine andere Berührung, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Berührung des Weibes. Die Berührung des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes." ( A I 1).
Hierbei wird allerdings zumeist verschwiegen, dass dieses Zitat aus dem Anguttara Nikaya aus dem Zusammenhang gerissen ist und wie folgt weitergeht :
"Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Weibes so fesselt, wie die Gestalt des Mannes. Die Gestalt des Mannes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Weibes.
Keine andere Stimme, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Weibes so fesselt, wie die Stimme des Mannes. Die Stimme des Mannes, ihr Mönche, fesselt den Geist Weibes..." usw.
 
Der Buddhismus an sich ist nicht frauenfeindlich, es sind vielmehr die Menschen, die ihn manchmal dazu gemacht haben.
Fakt ist, dass es heute buddhistische Länder gibt, in denen Frauen den Männern gleichgestellt sind. In diesen Ländern, wie Japan, Korea und Taiwan wird zumeist der Mahayana-Buddhismus praktiziert und hier haben Nonnen, die Bhikkunis, auch eine starke Lobby.
Primär in Ländern des Theravada-Buddhimus, wie z.B. Thailand, führen Frauen im Buddhismus jedoch immer noch ein Schattendasein. Natürlich gibt es im Thai-Buddhismus auch Nonnen, die Maeh Chi. Man erkennt sie an ihren weissen Roben und den kurzgeschorenen Haaren. Diese Nonnen haben jedoch bei weitem sehr viel weniger Rechte, als die Mönche und geniessen auch weitaus weniger Anse-
Ansehen. Ihre Aufgabe ist es hauptsächlich, die Tempel zu reinigen und den Mönchen zu helfen. Die Möglichkeit zur Erleuchtung wird ihnen als Frauen ohnehin abgesprochen. Um diese zu erreichen, müssten sie zuerst als Männer wiedergeboren werden, so zumindest der Glaube in Thailand. Dies widerspricht natürlich entschieden dem Gedanken von der Buddhanatur, also dem Potenzial jedes fühlenden Wesens, Erleuchtung und Buddhaschaft zu erlangen, der ein wesentlicher Grundstein z.B. des Mahayana-Buddhismus ist.
Schon die Tatsache, dass die Maeh Chi eine weisse Robe und nicht die orange Robe der Mönche tragen und sich nicht Bhikkuni, also der weiblichen Entsprechung von Bhikku, nennen dürfen, weisst auf ihren niedrigeren Stand hin.
Die Ursachen für diese chauvinistischen Züge innerhalb des Thai-Buddhismus sind verschieden. Zum einen spielen sicherlich patriarchalische Strukturen eine grosse Rolle. Schon immer ging es beim Buddhismus auch um Macht und bestimmte männliche Kreise hatten durchaus ein Interesse daran, Frauen auszuschliessen und an den herrkömmlichen Strukturen nichts zu ändern. Unglücklicherweise waren es oftmals genau diese Kreise, denen die Weitergabe und Interpretation der buddhistischen Texte oblag und so war es ein Leichtes für sie, die Texte in ihrem Sinne auszulegen, ohne eine genauere Überprüfung zu fürchten. Dieses Problem ist natürlich auch von anderen Weltreligionen bekannt.
Ein anderer Grund ist viel profaner :
Nach dem Tod des Buddha breitete sich seine Lehre immer weiter in Asien aus. Treibende Kraft hierbei waren Herrscher, wie z.B. der eingangs erwähnte Kaiser Asoka. Diese schickten naturgemäss in erster Linie Männer auf die beschwerlichen und gefahrvollen Missionierungsreisen. Hierdurch mag in den Gebieten, in die sie vordrangen durchaus der Eindruck entstanden sein, dass der Sangha in erster Linie ein Männerbund sei und vermutlich hatten auch hier wieder gewisse Kreise ein Interesse daran, möglichst wenig an diesem Eindruck zu ändern.
Heutzutage sind natürlich die buddhistischen Texte jedermann offen zugänglich und mit der grössen Verbreitung dieser Texte wuchsen auch kritische Stimmen, die sich mit der herrkömmlichen Rolle der Frau im Thai-Buddhismus nicht mehr abfinden wollen.
Momentan sorgt der Fall der Bhikkuni Dhammananda nicht nur in Thailand für Aufsehen. Diese hiess in ihrem Laienleben Chatsumarn Kabilsingh und war u.a. Professor für buddhistische Philosophie an der Thammasat Universität, mit zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema Buddhismus. Schon ihre Mutter war mit der Rolle der Frauen im thailändischen Buddhismus nicht einverstanden und liess sich als Nonne ordinieren, allerdings damals noch in Taiwan und als Mahayana-Bhikkuni, was trotzdem für enormes Aufsehen in Thailand sorgte.
Schon früh verspürte Dhammananda das Verlangen, sich ganz dem Buddhismus zu widmen und im Alter von 56 Jahren, ihre Kinder waren inzwischen erwachsen, unternahm sie konkrete Schritte. Allerdings wollte sie sich nicht auf die Rolle als Mae Chi beschränken, sondern auch als Frau voll ordiniert werden, also eine Bhikkuni werden. Erwartungsgemäss traf sie auf erheblichen Widerstand des thailändischen Klerus. Da Dhammananda als Forscherin jedoch sehr genau über die buddhistischen Schriften informiert war, konnte man ihr Anliegen nicht mit fachlichen Argumenten abschmettern.
Das Thema beschäftigte selbst eine Regierungskomission, die zu dem Schluss kam, dass aus formeller Sicht nichts gegen Dhammanandas Entschluss einzuwenden sei. Also versuchte der männliche Klerus es mit Spitzfindigkeiten. Prinzipiell erkannte man zwar ihr Recht auf vollständige Ordination an, sah jedoch praktisch keine Möglichkeit, diese durchzuführen. Nach einer Regel des Buddha müssen nämlich bei der Ordination eines neuen Mönches mindestens fünf schon ordinierte Mönche anwesend sein. Also schlossen die Männer messerscharf, dass bei der Ordination einer neuen Bhikkuni auch fünf ordinierte Bhikkunis zugegen sein müssten, die man jedoch in Thailand beim besten Willen nicht finden könne.
In Sri Lanka hatte es wenige Jahre zuvor dieselben Diskussionen gegeben. Auch in Sri Lanka, dem früheren Ceylon ist der Theravada-Buddhismus massgebend und der ceylonesische (besser singhalesische) Buddhismus und der Buddhismus Thailands standen schon seit Jahrhunderten in engem Kontakt und Austausch. In Sri Lanka hatten sich jedoch im Jahre 1996 die Frauen gegen den ebenfalls von Männern dominierten Sangha durchgesetzt und auf der Insel gab es mittlerweile eine grosse Anzahl von gutorganisierten Bhikkunis. Dhammananda ging also nach Sri Lanka, lebte dort die vorgeschriebene Zeit als Novizin und liess sich schliesslich ganz offiziell als Theravada-Bhikkuni ordinieren. Anschliessend kehrte sie, in der gelben Robe der Mönche, nach Thailand zurück und lebt seitdem im Wat Songdhamma Kalayani in Nakhon Pathom, wo sie sich naturgemäss speziell um die Belange der Frauen kümmert. Und hiervon gibt es eine Menge Themen, wie z.B. Abtreibungen, eheliche Gewalt und mehr, mit denen die betroffenen Frauen sich nur ungern an einen männlichen Mönch wenden würden. Vom religiösen Establishment wird Dhammananda jedoch immer noch totgeschwiegen, auch wenn sie mittlerweile Unterstützung auch aus männlichen Kreisen erfährt. Während sie mittlerweile selbst von CNN interviewt wurde, ist ihr Fall in Thailand kaum bekannt, die meisten Thais können sich gar nicht vorstellen, dass es in ihrem Land eine Bhikkuni gibt und halten alles für ein Märchen. Um über die Rolle der Frauen im Thai-Buddhismus zu informieren, hat Dhammananda eine sehr interessante Website eingerichtet.
 
Geister
 
Wie eingangs erwähnt, konnte sich der Buddhimus in Asien hauptsächlich wegen seines Potenzials zur Koexistenz mit den bereits vorhandenen Religionen. In Tibet stiess er auf einen Glauben, der von magischen Ritualen bestimmt wurde. Als Ergebnis entstand der tantrische Buddhismus. In China vermischte sich der Buddhismus mit dem Taoismus und das Ergebnis war ein Buddhismus, der ganz neue Einsichten in das Wesen der Welt beinhaltet.
In Thailand und Südostasien herrschte in prä-buddhistischer Zeit der Animismus vor, eine sehr urtümliche Religion, in der das Leben der Menschen von Geistern und Dämonen bestimmt wird. Da der Buddhismus sich jedoch primär mit anderen Themen beschäftigte und infolgedessen diesen Glauben auch nie in Frage stellte, konnte der Animismus sich bis in die heutige Zeit halten. Viele religiöse Bereiche, die der Europäer vielleich als buddhistisch einschätzt, haben ursprünglich mit dem Buddhismus gar nichts zu tun.
Auffälligstes Zeugnis dieses animistischen Glaubens sind die Geisterhäuschen, die San Phra Phum.
Im Glauben der Thais ist die ganze Welt von Geistern, den Phii, bewohnt und diese Geister nehmen mass-
geblochen Einfluss auf das Leben der Menschen. Jeder Geist hat, so wie Menschen auch, individuelle Charaktereigenschaften. Manche sind den Menschen wohlgesonnen, manche schlecht und wiederum andere sind erst einmal indifferent. Natürlich ist auch das Land von verschiedensten Geistern bewohnt und wenn man ein Haus baut, vertreibt man diese Geister, was diese mitunter recht übelnehmen und das Leben der Menschen negativ beeinflussen könnten. Um die Geister nun zu besänftigen, muss man ihnen eine adequate Alternative bieten. Hierzu dienen die Geisterhäuschen, die man in jeglicher Ausführung auf beinahe jedem Grundstück in Thailand findet. Bekanntestes Beispiel dürfte der Erawan Schrein in Bangkok sein. Die Errichtung eines Geisterhauses allein reicht jedoch nicht, sondern um die Geister bei guter Laune zu halten, muss man sie auch bewirten, was in Form von Essen, Früchten, Getränken (gerne auch alkoholische) und Zigaretten geschieht. Oftmals werden auch kleine Figuren als Diener und Haustiere in die Geisterhäuschen gestellt.
Wenn die Geister eines Grundstückes schon besänftigt werden müssen, so gilt dies erst recht für die Geister einer ganzen Stadt. Deshalb findet man in jeder Ansiedlung Thailands auch einen Schrein für die Stadtgeister, einen sogenannten Lak Muang. Meist hat dieser die Form eines Linga, was auf seinen brahmanischen Ursprung hinweist. Es versteht sich von selbst, dass die Stadtgeister besonders mächtig sind und die Geschicke der Bewohner in besonderem Masse beeinflussen können. Ein "guter Draht" zu den Stadtgeistern ist also immer von Nutzen. Aus diesem Grunde findet man z.B. regelmässig vor der Ziehung der Lottozahlen eine Menge von eifrigen Spendern vor den Schreinen. Aber auch Geschäftlsleute und Manager versichern sich vor einem wichtigen Abschluss des Wohlwollens der Geister.
Ein weiterer Geist aus dem thailändischen Pandämo-
oben : Der Lak Muang Bangkoks.
nium ist der Schwellengeist, der in der Türschwelle jeden Hauses lebt. Aus diesem Grunde sollte man beim Betreten eines Hauses niemals auf die Türschwelle, sondern immer darüber treten. Auch grosse und alte Bäume sind von Geistern bewohnt, erkennbar an den farbigen Bändern um die Bäume herum und den Opfergaben davor. So soll die Stadt Chiang Mai jahrhundertelang von den Geistern eines Feigenbaumes beschützt worden sein. Erst als der Baum durch eine Intrige der Burmesen gefällt wurde, begann der Niedergang der Stadt.
Selbst in die Politik halten Geister- und Aberglaube bisweilen Einzug :
Als vor etwa 2 Jahren in Bangkok der Diebstahl von Mülltonnen, warum auch immer, Überhand nahm, liess die Stadtverwaltung diese kurzerhand öffentlich mit einem Fluch belegen, der alle Diebe heimsuchen sollte. Tatsächlich ging die Zahl der Diebstähle daraufhin zurück.
Der Geisterglaube ist also nicht etwa nur eine Angelegenheit der ungebildeteren Bevölkerungsschichten, sondern ein integraler Bestandteil der thailändischen Gesellschaft, vergleichbar mit dem Feng Shui in China.
Genauer gesagt können Thais es nicht verstehen, wenn Europäer nicht an Geister glauben, wo es doch ihrer Meinung nach genug Beweise für die Existenz von Geistern gibt. Auf einen dieser Beweise stösst man in Bangkok im Stadtteil Phra Khanong. Hier befindet sich das Haus von Maeh Nak, wohl Thailands bekanntestem und berüchtigstem Geist. Dieser wütete in dieser Gegend im 19. Jahrhundert und viele meinen, er fände auch heute noch keine Ruhe.
Jedes Kind kennt die traurige Geschichte von Mak und ihrem Ehemann Nak und schon die Erwähnung der Namen treibt manchem Thai den Angstschweiss auf die Stirn. Andererseits obsiegt auch hier meist der Pragmatismus und trotz eines schaurigen Grusels treibt es viele Thais zu Maeh Naks Haus, weil man sich von ihrem Geist auch Glück, besonders in der Lotterie, vespricht.
Bei dieser grossen Fülle an Geistern und dem enormen Einfluss, den sie auf das Leben der Menschen haben, verwundert es nicht, dass sich gerade Horrorfilme in Thailand, wie überhaupt in Asien einer enormen Beliebtheit erfreuen. Zum allgemeinen Grusel gesellt sich hier vermutlich der Gedanke, dass es sich ja schliesslich auch um wahre Begebenheiten handeln könnte. Wie gesagt : Thais haben absolut kein Verständnis für die Skepsis der Europäer gegen-
oben : Maeh Naks Haus
über der Geisterwelt.
Da der Buddhismus sich grundsätzlich mit anderen Dingen beschäftigt, konnte er immer ohne Probleme mit dem Geisterglauben koexistieren. Thais vertreten die Ansicht, dass der Buddhimus für die grossen Menschheitsfragen und das Seelenheil verantwortlich sei, die kleinen alltäglichen Dinge des Lebens aber eine Sache für die Geister seien. Kompliziert wird es, wo sich beide Glaubenssysteme berühren.
Der Buddha selbst lehnte immer jede Form von Hokuspokus ab. Auf der anderen Seite bestritt er auch nie ausdrücklich die Existenz von Göttern und Geistern. Er war lediglich der Ansicht, dass diese, sollten sie existieren, letztlich auch den Wahrheiten des Dharma unterliegen müssten. De facto befasst sich der Buddhismus nicht mit der Existenz von Göttern und Geistern, sondern basiert eher auf rationalen und logischen Überlegungen. Die Beschäftigung mit diesen Themen hat also im eigentlichen Sinne auch nichts mit der buddhistischen Lehre zu tun, sondern fällt eher in den Bereich der "Freizeit". Mönchen ist es jedoch untersagt, sich in "offizieller" Funktion damit in Verbindung zu bringen. Soviel zur Theorie.
Sehr zum Missfallen des obersten Sangha engagiert sich aber eine beträchtliche Anzahl der Mönche in Geisterdingen und nicht selten müssen die obersten Patriarchen Mönche ermahnen, sich doch bitteschön mehr auf das Dharma zu konzentrieren.
 
Amulette
 
Sichtbarste Zeichen dieser Vermischung von Buddhismus und Geisterglaube sind die Amulette, die beinahe von jedem Thai getragen werden. Manche Thais behängen sich förmlich mit diesen Amuletten, die Schutz verspechen. Diese Amulette werden von besonders bedeutenden Mönchen oder auch solchen, die sich nur dafür halten, hergestellt und verkauft, womit sich auch die jeweiligen Tempel einen nicht gerade geringen Betrag hinzuverdienen. Je bedeutender der Mönch oder je älter das Amulett, umso grösser ist auch seine Kraft. Wie tief der Glaube der Thais in die beschützende Kraft dieser Amulette ist, zeigt eine Episode aus dem 17. Jahrhundert :
Als das Königreich von Ayutthaya Probleme mit den Holländern bekam, suchte es den Kontakt zu den Franzosen. Aus diesem Grunde schickte man eine Delegation an den Hof Ludwigs XIV..Um die Franzosen zu beeindrucken boten die Mitglieder der Delegation an, sich, nur geschützt durch die Kraft ihrer Amulette, vor die 50 besten Musketenschützen Frankreichs zu stellen und sich von diesen beschiessen zu lassen. Nicht einer der Thais wurde getroffen. Skeptiker meinen zwar, die Fanzosen hätten absichtlich daneben geschossen, um diplomatische Verstimmungen zu vermeiden, die wohl unweigerlich entstanden wären, hätte man die Emissäre eines anderen Landes abgeschlachtet. Zumindest die Betroffenen konnten sich dessen aber nicht sicher sein, als sie sich vor die Schützenreihen stellten.
Neben dem spirituellen Wert der Amulette hat sich mittlerweile auch ein riesiger Sammlermarkt um diese Amulette herum entwickelt, in etwa vergleichbar mit unserem Briefmarkenmarkt, nur sehr viel grösser. Eine Unzahl von Büchern und Zeitschriften informiert über Preise und Bezugsquellen und mittlerweile verdienen professionelle Händler Unsummen an diesen Amuletten. Selbst der Staat und das Königshaus geben zu bestimmten Anlässen diese magischen Amulette heraus, so wie bei uns Gedenkmünzen. Natürlich steht dies offensichtlich im Gegensatz zur reinen Lehre des Buddhismus, denn schliesslich ist jeder selbst für seine Handlungen und die daraus resultierenden Folgen verantwortlich und kann diese Verantwortung nicht einem Amulett übertragen. Auf der anderen Seite wird die Praxis dieser Amulette aber vom Sangha toleriert, denn schliesslich schadet es niemandem, sondern festigt im Gegenteil den Buddhismus und, nebenbei bemerkt, verdient der Sangha schliesslich auch mit daran.
Eine besondere Form dieser Amulette stellen die magischen Tätowierungen dar, die man ebenfalls allenthalben und oft auch an Mönchen sieht. Es kursieren unzählige Geschichten, in denen diese Tätowierungen den Träger vor Messerattacken und Schüssen geschützt haben sollen.
Natürlich gab es auch immer schon Kritiker, die diese Form von Aberglauben nicht mit dem Buddhismus verbunden sehen wollten. Schon Rama IV., der vor seiner Krönung viele Jahre als Mönch gelebt hatte und nebenbei als begeisterter Naturwissenschaftler galt, gründete den Dhammayutika-Orden, der eine Rückbesinnung auf die reine buddhistische Lehre zum Ziel hatte. Die Mönche dieses Ordens sind auch heute noch an ihren dunkleren Roben zu erkennen und sie befolgen strengere Regeln, als die "normalen" Mönche.
 
 
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