Im weltlichen Leben war Dr. Chatsumarn Kabilsingh ein angesehener Lehrer für buddhistische Studien an der berühmten Thammasat Universität und genoss mit 40 wissenschaftlichen Publikationen einen exzellenten Ruf. Darüberhinaus hatte Dr. Kabilsingh eine eigene Talkshow im Fernsehen, in der es vornehmlich um buddhistische Themen ging und war dadurch allgemein bekannt. Im Jahre 2000 beschloss Dr. Kabilsingh jedoch, das weltliche Leben aufzugeben und in den thailändischen Sangha einzutreten. In Thailand ein nicht ungewöhnlicher Vorgang. Im Falle Dr. Kabilsinghs entwickelte sich hieraus jedoch ein Politikum und eine Affäre die durchaus imstande ist, einige Grundfesten des thailändischen Buddhismus ins Wanken zu bringen, denn Dr. Chatsumarn Kabilsingh ist eine Frau !
 
Bis vor kurzem konnten Frauen In den Ländern des Theravada-Buddhismus nicht die volle Ordination zur Nonne erfahren. Frauen, die ihr Leben dem Dharma , also der buddhistischen Lehre, widmen wollten, konnten bislang nur als "Mae Chi" ins Kloster gehen. Diese tragen weisse Roben und wie Mönche geschorenes Haar. Die Mae Chi leben in Gruppen im Wat zusammen und befolgen bis zu 10 Ordensregeln, Im Gegensatz zu den allgemein verehrten Mönchen, ist
das Ansehen der Mae Chi jedoch eher gering und auch im Wat führen sie eher ein Schattendasein neben den Mönchen. Ihre Hauptaufgabe besteht in niederen Diensten, die sie im Wat verrichten, z.B. putzen und kochen. Von den Privilegien der Mönche sind sie ausgeschlossen.
Die Ursachen für diese offensichtliche Benachteiligung von Frauen liegen weit zurück in der Geschichte des Buddhismus. Schon zu Lebzeiten des historischen Buddha Sakyamuni traten Frauen, u.a. aus seinem engsten Familienkreis, an ihn heran und baten um die Öffnung des männlichen Mönchsordens ( Sangha ) für Frauen. Der Buddha lehnte zunächst ab. Die Gründe für diese Ablehnung hatten jedoch weniger chauvinistische, als vielmehr ganz handfeste Ursachen : Durch Landschenkungen reicher Bürger verfügte der Sangha zwar über einige feste Standorte und langsam entwickelte sich eine Logistik, trotzdem bestand das Leben der Mönche grössenteils aus dem Umherwandern und Betteln um Essen. Der Buddha war sich nicht sicher, ob er Frauen dieses strapaziöse und oft auch gefährliche Leben zumuten konnte. Darüberhinaus rief der Erfolg, den die buddhistische Lehre in der Bevölkerung und vor allem bei den Herrschenden hatte, viele Neider auf den Plan, die den Sangha in Misskredit bringen wollten. Selbst den Ruf des Buddha versuchte man mehrfach zu beschädigen, indem man ihm heimliche Verhältnisse zu Frauen unterstellte. Dies war in der damaligen prüden Zeit einfach, da der Buddha Frauen sehr wohl als gleichberechtigt ansah und ein sehr ungezwungenes Verhältnis zu ihnen pflegte. Er predigte zu Männern, ebenso wie zu Frauen, was wiederum sehr ungewöhnlich war, da in der damaligen brahmanischen Gesellschaft Religion als reine Männersache angesehen wurde. Eine Aufnahme von Frauen in den Sangha hätte jedoch den Ruf desselben leicht beschädigen können und der Buddha wollte alles vermeiden, was den Sangha in die Richtung einer "Sexkommune" hätte bringen können. Nach reiflicher Überlegung liess der Buddha jedoch die volle Ordination von Frauen zu, allerdings hatten diese in der Folge 311 Regeln zu befolgen, anstelle der 227 Regeln der Mönche. Manche Männer betrachten dies heute noch als Zeichen dafür, dass der Buddha Frauen aus dem Sangha fernhalten wollte. Andere sehen diese Regeln jedoch als Schutz der Frauen in einer Männerwelt. Damals entstand der erste Nonnenorden. Die Zahl der Nonnen blieb jedoch zunächst gering.
Nach dem Tode des Buddha breitete sich der Buddhismus über ganz Indien aus und erlebte unter Kaiser Asoka (reg. 268 - 233 v.Chr.) eine Blüte. Asoka war ein glühender Anhänger der buddhistischen Lehre und beseelt davon, diese zu verbreiten. Aus diesem Grunde schickte er gezielt Mönche aus, um die Lehre auch in anderen Ländern zu verkünden. Diese Missionen waren nicht nur beschwerlich, sondern auch äusserst gefährlich und man kann annehmen, dass Asoka vornehmlich Männer mit ihnen beauftragte. Bis heute ist im Prinzip nur bekannt, wo diese Missionen erfolgreich waren, wieviele Mönche jedoch auf diesen Reisen umkamen, bleibt im Dunkeln. Neben diesen gezielten Missionen wurde der Buddhismus in Südostasien hauptsächlich von indischen Kaufleuten verbreitet, die diese Länder schon länger bereisten und dort die indische Kultur verbreiteten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der "Indisierung" Südostasiens. Auch hier waren es jedoch ausnahmslos Männer, die die buddhistische Lehre verkündeten. Es ist müssig darüber zu spekulieren, ob sich nun hier chauvinistische Tendenzen in die Lehre einschlichen oder ob die missionierten Völker einfach nur den Eindruck hatten, der Buddhismus sei in erster Linie Männsersache, Tatsache ist, dass es in Südostasien nie die Tradition eines Nonnenordens gab und man kann annehmen, dass einige Mitglieder des (männlichen) Sangha später auch ein gewisses Interesse daran hatten, an diesem Zustand nichts zu ändern.
Um die offensichtliche Benachteiligung der Frauen zu rechtfertigen, bezog man sich ausgerechnet auf bestimmte Äusserungen des Buddha, die jedoch aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Ein sehr gerne benutztes Zitat ist beispielsweise das Folgende :
"Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Gestalt des Weibes. Die Gestalt des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keine andere Stimme, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Stimme des Weibes. Die Stimme des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keinen anderen Duft, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Duft des Weibes. Der Duft des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keinen anderen Geschmack, ihr Mönche, kenne ich, der den Geist des Mannes so fesselt, wie der Geschmack des Weibes. Der Geschmack des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes.
Keine andere Berührung, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Mannes so fesselt, wie die Berührung des Weibes. Die Berührung des Weibes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Mannes." ( A I 1).
Hierbei wird allerdings gerne verschwiegen, dass dieses Zitat aus dem Anguttara Nikaya wie folgt weitergeht
"Keine andere Gestalt, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Weibes so fesselt, wie die Gestalt des Mannes. Die Gestalt des Mannes, ihr Mönche, fesselt den Geist des Weibes.
Keine andere Stimme, ihr Mönche, kenne ich, die den Geist des Weibes so fesselt, wie die Stimme des Mannes. Die Stimme des Mannes, ihr Mönche, fesselt den Geist Weibes..." usw.

Hierbei wurde die Unwissenheit der Bevölkerung in Bezug auf die buddhisitischen Texte bewusst ausgenutzt.
Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Arbeit kannte Dr. Kabilsingh die buddhistischen Texte jedoch sehr genau und sie wusste, dass sich in diesen keine frauenfeindlichen Passagen finden, vielmehr die Gründung des ersten Nonnenordens direkt auf den historischen Buddha zurückgeht. Sie war nicht bereit, sich einfach abspeisen zu lassen. Schliesslich war ihre Entscheidung nicht aus einer Laune heraus geboren, sondern das Resultat reiflicher Überlegung.
Dr. Kabilsingh war mit einem thailändischen Air Force Offizier verheiratet und Mutter dreier Söhne. Nach eigenen Angaben liebte sie es, Schmuck und Make-up zu tragen und vor allem ass sie gerne Fleisch. Irgendwann kamen ihr jedoch Zweifel an ihrem bisherigen Leben, und das Bedürfnis etwas zu ändern wurde immer grösser. Eine wesentliche Rolle spielte aber sicherlich auch ihr familiärer Background, denn schon ihre Eltern waren ins Kloster gegangen.
Ihre Mutter hatte sich in Taiwan zur Nonne des Mahayana ordinieren lassen und in den 60er Jahren den Wat Songdhamma Kalayani in Nakhon Pathom gegründet. Dies hatte zwar für Aufsehen gesorgt, griff den thailändischen Sangha und staatliche Institutionen jedoch nicht direkt an, da in Thailand nur der Theravada-Buddhismus Staatsreligion ist und der Mahayana als fremde Religion gilt.
Die Aufspaltung des Buddhismus in verschiedene Schulen fand etwa 500 Jahre nach dem Tod des Buddha statt. Grob gesagt, bildeten sich zwei Fraktionen heraus : Die erste Schule sah im striken Befolgen der überlieferten Schriften den einzig gültigen Weg zur Erlösung. Man nannte diese Schule in der Folge Hinayana ("kleines Fahrzeug") oder auch Theravada, was soviel wie "die Lehre der Alten" bedeutet. Daneben entwickelte sich jedoch noch eine weitere Schule, die man in der Folge Mahayana ("grosses Fahrzeug") nannte und die in den überlieferten Schriften und selbst in der Person des historischen Buddha Sakyamuni durchaus Interpretationsmöglichkeiten sah, gemäss dem Rat des Buddha, keine Lehre als absolut anzunehmen, sondern sie auch immer zu hinterfragen. Diese progressive Schule breitete sich über Tibet, China, die Mongolei, Korea bis nach Japan aus. Dort übernahm der Mahayana viele Aspekte der dort schon vorhandenen Religionen und Philosophien und entfernte sich unterschiedlich stark von der reinen Lehre des Theravada. So ist es z.B. japanischen Mönchen erlaubt, zu heiraten und in einigen Ländern des Mahayana , z.B. China, können eben auch Frauen voll zu Nonnen ordiniert werden. Basis beider Schulen blieb jedoch weiterhin das Dharma, wie es der Buddha gelehrt hatte und im Gegensatz zu anderen Religionen verlief die Spaltung auf rein intellektuellem Gebiet und beide Richtungen koexistierten friedlich nebeneinander. Der Theravada-Buddhismus dominiert heute in den Ländern Südostasiens, mit Ausnahme Vietnams, und auf Sri Lanka, wo sich schon in frühesten buddhistischen Zeiten ein grosses Zentrum dieser Schule befand. Besonders durch die Chinesen wurde aber auch der Mahayana in Ländern des Hinayana verbreitet. In Thailand gehören heute etwa 90% der Buddhisten zur Theravada-Schule und etwa 10% zur Mahayana-Schule, die meisten davon Nachfahren chinesischer oder vietnamesischer Einwanderer.
Etwas unsauber könnte man Theravada mit dem Katholizismus und Mahayana mit dem Protestantismus im Christentum gleichsetzen und so wie es heute keinen Katholiken mehr stört, wenn ein evangelischer Priester heiratet, so fühlte sich auch der thailandische Sangha durch die Ordination von Dr. Kabilsinghs Mutter zur Nonne des Mahayana nicht massgeblich gestört.
Dr. Kabilsingh ging jedoch weiter. Sie wollte sich nicht mit einer Existenz als Mae Chi abfinden, sondern eine voll ordinierte Nonne des Theravada werden und sie wusste, dass die Nicht-Existenz von ordinierten Nonnen im Theravada auf Traditionen und Dogmen beruhte und nicht den Inhalt der buddhistischen Schriften widerspiegelte. Da der Buddhismus in Thailand, wie schon erwähnt, Staatsreligion ist, befasste sich selbst ein Regierungsausschuss mit Dr. Kabilsinghs Begehren. Während dieser Zeit erhielt Dr. Kabilsingh eine Reihe von Droh- und Schmähbriefen, teilweise auch von erbosten Mönchen. Ein Regierungsmitglied, das sie unterstützte, erhielt Morddrohungen.
Da der Ältestenrat des Sangha keine stichhaltigen Argumente gegen eine Ordination fand, versuchte er es mit Spitzfindigkeiten. Einer Anweisung des Buddha entsprechend müssen bei der Ordination eines neuen Mönches mindestens fünf Mönche aus derselben Linie anwesend sein. Also, schloss man, müssen auch bei der Ordination einer Nonne andere ordinierte Nonnen derselben Linie anwesend sein. Da man diese jedoch in Thailand nicht finden könne, sei eine Ordination Dr. Kabilsinghs auch nicht möglich, zumindest nicht in Thailand.
Auch auf Sri Lanka hatten Frauen um eine Öffnung des Sangha gekämpft. Die Insel war ein frühes Zentrum des Theravada und Mönche aus Sri Lanka hatten vor etwa 700 Jahren den ersten thailändischen Königen dabei geholfen, den Theravada-Buddhismus in den neuen Thai-Reichen zu etablieren. ( Auf der anderen Seite waren es später wiederum thailändische Mönche, die nach der Unterdrückung des Buddhismus durch die Tamilen und später die Kolonialmächte, halfen, einen funktionierenden Sangha auf Sri Lanka wiederaufzubauen.)
Zur Überraschung vieler hatten sich die Frauen auf Sri Lanka jdoch durchgesetzt und seit dem Jahre 1996 können dort Nonnen voll ordiniert werden und sind Teil des Sangha. Auch auf Sri Lanka war die Tradition ordinierter Nonnen irgendwann unterbrochen worden. Bei der Ordination der ersten Nonnen halfen deshalb chinesische Nonnen des Mahayana. Es war den Frauen gelungen, nachzuweisen, dass vor langer Zeit Nonnen aus Sri Lanka nach China gegangen waren und deshalb die chinesischen Nonnen die Linie aus Sri Lanka fortführten, auch wenn sie mittlerweile einer anderen Schule angehörten.
Im Jahre 2001 ging Dr. Chatsumarn Kabilsingh schliesslich im Alter von 56 Jahren nach Sri Lanka, lebte dort die geforderte Zeit von zwei Jahren als Novizin in einem Wat und erhielt im Jahre 2003 schliesslich die volle Ordination zur Nonne des Theravada. Ihr neuer Name war nun Samaneri Dhammananda oder auch Dhammananda Bhikkuni. Nach ihrer Rückkehr liess sie sich im Wat Songdhamma Kalayani, dem Wat, den ihre Mutter gegründet hatte, nieder.
Die Reaktionen waren sehr zwiespältig. Wieder erhielt sie Droh- und Schmähbriefe. Man warf Dhammananda gar vor, den Buddhismus in Thailand zerstören zu wollen. Gerade zu dieser Zeit wurde der Sangha aber wiederum von einer Reihe ganz anderer Skandale erschüttert. Man erwischte Mönche, die sexuelle Beziehungen hatten, Mönche die Drogen nahmen und verkauften und Mönche die aus ihrer Tätigkeit Vermögen anhäuften. Vorläufiger negativer Höhepukt war der Fall des Mönches Phra Khru Nanthaphiwat, der im Juni 2003 inmitten seiner Leibwächter erschossen wurde. Nähere Untersuchungen des Falles beförderten diverse Konten mit stattlichen Millionenbeträgen zutage, die Phra Khru Nanthaphiwat aus Spenden und einem regen Ablasshandel gescheffelt hatte. Man vermutet in ihm gar den Kopf einer mafiösen Vereinigung. Vor dem Hintergrund dieser Skandale geriet Dhammanandas Fall aus dem Rampenlicht, stärkte aber wiederum ihr Ansehen in der Bevölkerung.
Besonders die Intellektuellen Thailands, die schon lange fällige Reformen im Sangha anmahnten, schlugen sich auf Dhammanandas Seite. Sie werfen dem Klerus und seinem Ältestenrat vor, zu sehr an Ritualen und Traditionen festzuhalten und dabei die Bedürfnisse der Gläubigen in einem Thailand des Umbruchs zu übersehen. Die Skandale des Sangha erschütterten massgeblich das Vertrauen der Gläubigen. Auf der anderen Seite scheinen sich die Menschen aber gerade in den modernen Zeiten nach religiösen Vorbildern zu sehnen, seien es nun männliche oder weibliche.
Obwohl Dhammanandas Fall international einige Aufmerksamkeit erregt hat, zieht es der Sangha Thailands weiterhin vor, die Existenz Dhammanandas zu ignorieren. Berichterstattung über Dhammananda findet in der thailändischen Presse kaum statt. Die Nichtanerkennung durch den Ältestenrat und vor allem durch das Department of religious affairs hat aber durchaus auch Vorteile für Dhammananda, denn dadurch befindet sie sich quasi in einem rechtsfreien Raum. Duch die Weigerung des Klerus sie anzuerkennen, kann er ihr auf der anderen Seite auch keine Vorschriften machen, denn immerhin sind Dhammanandas Aktivitäten nicht gegen das Gesetz : Sie ist nun einmal offiziell ordinierte Nonne, wenn auch in einem anderen Land, und in Thailand gilt Religionsfreiheit. Zweifel an der Rechtmässigkeit ihrer Ordination wären wiederum ein Affront gegen den Sangha auf Sri Lanka , zu dem der thailändiche Sangha enge Beziehungen unterhält. So behandelt man Dhammananda faktisch als Repräsentantin einer fremden Religion. Ein Status mit dem Dhammananda ganz gut leben kann. Mittlerweile kommen aber auch zögerlich positive Signale aus der konservativen Ecke. Auch wenn ihre Aufnahme in den Sangha immer noch indiskutabel ist, würdigt man immerhin ihr Engagement für den Buddhismus.Trotzdem ist der Fall Dhammanandas in Thailand und selbst in den ausländischen thailändischen Gemeinden weitgehend unbekannt. Die einfache Bevölkerung kann sich gar nicht vorstellen, dass es einen "lady monk" überhaupt geben kann. Auch die Familie meiner Frau liess sich erst überzeugen, nachdem wir ihnen Photos von Dhammananda gezeigt hatten.

Der lachende Buddha des Wat Songdhamma Kalayani. Als wir von Bangkok zu Dhammanandas Wat fahren wollten, schüttelte der Taxifahrer nur lachend den Kopf und meinte, es könne keinen "weiblichen Mönch" geben. Als wir den Wat dann aber doch wider Erwarten fanden und Dhammananda uns begrüsste, war der Taxifahrer sichtlich beeindruckt.
Dhammananda erzählte uns, dass sie soeben aus New York wiedergekommen sei, wo sie u.a. den Dalai Lama getroffen habe. Dieser spiele ebenfalls mit dem Gedanken, einen weiblichen Orden zu etablieren. Er ist sich aber auch der Tatsache bewusst, dass dies erhebliche Unruhe in die tibetische Gemeinde bringen könnte. Nur, wer ausser ihm soll es machen ?
Dhammananda selbst ist eine Frau, die trotz ihres vollen Terminkalenders eine ungeheure Ruhe aus-

strahlt und ein offenes Ohr für jeden hat. Hört man ihr zu, wird jedoch auch sofort klar, dass diese hochgebildete Frau Welten von den "einfachen" Mönchen, die ich an vielen Orten Thailands kennengelernt habe, trennen. Ihre Herangehensweise an den Buddhismus ist intellektuell, während die meisten Mönche, einen eher volkstümlichen Glauben pflegen und weiterhin in ihren Ritualen und Traditionen verhaftet sind. Aber gerade hier muss man aus Dhammanandas Sicht ansetzen. Nach ihrer Ansicht ist gerade die Unwissenheit im Bezug auf den eigenen Glauben eine Ursache für frauenfeindliche Tendenzen im thailändischen Buddhismus und in der ganzen Gesellschaft Thailands. Gerade in den ländlichen Gebieten wissen die Menschen und leider auch die Mönche zu wenig über die Lehre. Dort wird der Glaube weiterhin weniger aus der Kenntnis des Dharma, als vielmehr aus einer Sammlung von Dogmen und Traditionen gespeist, von denen einige sogar im Gegensatz zum Dharma stehen.
Den Buddha sieht Dhammananda als "ersten wahren Feministen", weil er sich in einer patriarchalischen Gesellschaft über alle Geschlechtergrenzen hinweggesetzt hat. Ihren eigenen Weg sieht sie jedoch weniger vor einem feministischen Hintergrund, als vielmehr in einer logischen Folgerung aus dem Weg, den der Buddha mit der Ordination der ersten Nonnen gewiesen hat und so sagt sie ganz selbstverständlich : "Ich wurde Feministin, weil ich Buddhistin bin." Ein Zusammenhang , den bis dato leider noch nicht viele Frauen in Thailand zu erkennen vermögen. Aus diesem Grunde bietet Dhammananda auch Einführungen in die buddhistische Lehre an, die offensichtlich auch gut besucht sind.
Es geht ihr nicht darum, dass möglichst schnell möglichst viele Nonnen ordiniert werden, sondern vielmehr darum, den Frauen ein geistiges Rüstzeug zu geben, damit sie selbst über ihren zukünftigen Weg frei entscheiden können, sei es als Nonne, als Mae Chi oder als Laie.
Eine weitere wichtige Aufgabe sieht Dhammananda in der seelsorgerischen Tätigkeit. Viele Frauen scheuen sich, mit ihren frauenspezifischen Problemen zu einem Mönch zu gehen, da dieser sie naturgemäss gar nicht verstehen kann und mitunter auch gar nicht verstehen will. Schliesslich hilft der Ratschlag, z.B. die Schläge eines Mannes hinzunehmen, weil sie vermutlich das Ergebnis schlechten Karmas aus dem vorigen Leben sind, nicht wirklich weiter. Dhammananda hingegen können die Frauen sich leichter anvertrauen, da sie selbst Mutter ist und durchaus auch handfeste Ratschläge geben kann, und sei es nur, wie man ein Baby wickelt.
Warum aber dann den steinigen Weg gehen ? Hätte sie nicht auch als Laie beratend tätig werden können oder wäre es nicht einfacher gewesen, sich, wie ihre Mutter, als Nonne des Mahayana weihen zu lassen ? Dieser ganze Ärger, nur um eine gelbe Robe tragen zu dürfen ?
Dhammananda
sieht sich selbst nicht als Kämpferin, sondern als jemand, der nur dem Vorbild des Buddha folgen und den Weg des Dharma gehen wollte. Auf der anderen Seite erkennt man aber sofort, dass sie selbstbewusst und resolut genug ist, um Leuten auf die Füsse zu treten, wenn es denn notwendig ist, und besonders wenn es um ihr Fachgebiet, den Buddhismus, geht, den sie immerhin seit 40 Jahren studiert. Ausserdem lehrte schliesslich schon der Buddha, dass eine Sache nicht richtig sein muss, nur weil viele Menschen sie für richtig halten.
Darüberhinaus geht es nicht nur um das Recht eine gelbe Robe tragen zu dürfen, sondern das Ganze hat durchaus auch einen materiellen Hintergrund, denn thailändische Mönche geniessen eine Reihe von Vergünstigungen, wie verbilligte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, kostenlose ärztliche Versorgung usw., von denen z.B. die Mae Chi ausgenommen sind. Diese Vergünstigungen sollen dem Mönch die Konzentration auf das Dharma leichter machen, indem sie ihm die alltäglichen Sorgen ein wenig abnehmen.
Warum aber sollen thailändische Frauen, die im weltlichen Leben ohnehin einen erheblichen Teil zum Bruttosozialprodukt des Landes beitragen, von diesen Vergünstigungen ausgeschlossen bleiben, wenn auch sie den Weg des Dharma gehen wollen ?
Glaubt Dhammananda, dass irgendwann in Thailand auch Nonnen dieselbe Anerkennung erfahren, wie die allseits verehrten Mönche ? Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Es gibt vor allem noch organisatorische Hürden zu nehmen. So muss ein Mönch, bevor er andere Mönche ordinieren kann, selber mindestens zehn Jahre Mönch gewesen sein, aber auch hier sieht Dhammananda durchaus Schlupflöcher : Bei Mönchen des, von Rama IV. gegründeten, Dhammayutika-Ordens beträgt diese Zeit nur sechs Jahre. Darüberhinaus sieht Dhammananda einen möglichen Frauen-Orden weniger als ein Problem der Zeit, als vielmehr der Qualität. Wenn die Etablierung eines Frauen-Ordens, der auf den Prinzipien von Demokratie und Offenheit beruht, länger dauert, dann ist das eben so. Schlechte Beispiele gibt es schliesslich schon genug.
Zumindest in der unmittelbaren Umgebung ihres Wat stösst Dhammananda offensichtlich auf grossen Zuspruch, denn von ihren täglichen Bettelgängen berichtet sie : "Sie geben uns soviel zu essen ! Soviel !"

 
  weiterführende Links
 
 
  • http://www.thaibhikkhunis.org
    - Website des Wat Songdhamma Kalayani und der Thai-Bhikkuni-Organisation. Hier könnt Ihr auch den Newsletter bestellen oder Dhammananda mit Spenden unterstützen.
 
 
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