Die Geschichte des Wat Phra Singh geht auf das Jahr 1345 zurück, als König Kham Fu starb und sein Sohn und Nachfolger Phayu den Chedi errichtete, um die Asche seines Vaters beizusetzen. Ursprünglich hiess der Tempel Wat Li Chiang Phra, wurde aber später nach seiner berühmtesten Buddhastatue, dem Phra Buddha Sihing, umbenannt.
 
Ursprünglich bestand der Wat Phra Singh wohl aus nicht viel mehr, als dem Chedi und er war auch eine zeitlang verlassen. Erst nach der Verteibung der Burmesen wurde der Tempel unter König Kawila praktisch neu gegründet. Der Bot wurde errichtet und der Chedi wurde umfassend renoviert. Kawilas Nachfolger bauten den Tempel dann weiter aus.
Der grosse moderne Wihan aus dem Jahre 1920 ist relativ unbedeutend. Er zeigt ein paar schöne Holzschnitzereien und in seinem Inneren findet man eine grosse, etwas unproportioniert wirkende Buddhafigur.
 
Neben dem modernen Wihan findet man in Gestalt des Hor Trai eines der Schmuckstücke des Wat Phra Singh. Mit den blumigen Dekorationen rund um den Sockel, den Gottheiten (Devas) aus Stuck und dem hölzernen Aufbau zählt er zu den schönsten Bibliotheken im ganzen Lande.
Die Bibliothek stammt angeblich aus dem 15. Jahrhundert.
Hinter dem modernen Wihan befindet sich der Bot des Tempels, der in einer ungewöhnlichen senkrechten Ausrichtung zu den anderen Gebäuden errichtet wur-de. Die wunderschönen Holzschnitzereien am Bot wer-den gerade renoviert.
Der Bot ist normalerweise verschlossen. In seinem Inneren soll sich ein Schrein in Form eines Mondop befinden, der einem Gebäude in Lamphun nachempfunden sein soll.
Direkt neben dem Bot befindet sich der grosse, weissgetünchte Chedi, der seit den Zeiten seiner Errichtung unter Phayu mehrfach umgestaltet wurde. Die Elefanten an seiner Basis erinnern entfernt an Sukothai. Ansonsten wirkt er wie eine exakte Kopie des grossen Chedi im Wat Phra That Haripunchai in Lamphun.
In der südwestlichen Ecke des Tempelgeländes befindet sich ein weiteres Schmuckstück des Tempels, der Wihan Lai Kham. Dieser wurde zuerst unter König Saen Muang Ma errichtet und sein Name bezieht sich auf die erlesenen vergoldeten Holzschnitzereien an seiner Aussenfassade.
Der Wihan Lai Kham ist mit seinen reichen Verzierungen und dem tiefgezogenen, abgestuften Dach wohl eines der schönsten Beispiele der klassischen religiösen Lan Na-Architektur.
Im Inneren ist der Wihan nicht minder prächtig ausgestattet : Wunderschöne Wandmalereien und prunkvoll verzierte Säulen lenken den Blick auf das zentrale Heiligtum, den Phra Buddha Sihing, der auf
einem Altar, flankiert von zwei weiteren Buddhastatuen, ruht. Die Statue ist etwa 1m hoch und besteht aus vergoldeter Bronze.
Es gibt zwei weitere Buddhastatuen gleichen Namens in Thailand, eine befindet sich im Buddhaisawan Tempel auf dem Gelände des National Museums in Bangkok, die andere befindet sich in Nakhon Si Thammarat. Alle drei Statuen stammen der Legende nach aus Sri Lanka, was sich im gleichen Namen widerspiegelt. Der Phra Buddha Sihing aus Chiang Mai soll dort vor etwa 1500 Jahren gegossen worden sein.
Der König von Nakhon Si Thammarat bat um die Statue und sie wurde in das Gebiet des heutigen Thailand gebracht, wo sie jedoch zuerst in Sukothai und anschliessend in Ayutthaya landete. Die weitere Geschichte ist recht nebulös und die Statue befand sich zwischenzeitlich wohl in Kamphaeng Phet, Luang
Prabang, Chiang Rai und schliesslich Chiang Mai. Es ist auch zweifelhaft, ob es sich bei der Statue im Wat Phra Singh überhaupt noch um die "originale" Statue aus Sri Lanka handelt. Meiner Meinung nach ist Sri Lanka als gemeinsamer Ursprung aller drei Statuen ohnehin sehr fragwürdig. Alle drei Statuen besitzen keinerlei Ähnlichkeit und stilistische Gemeinsamkeiten. Während die Statue in Chiang Mai im frühen Chiang Saen-Stil gehalten ist, weist die Bangkoker Statue klare Merkmale des Sukothai-Stils auf. Lediglich die Statue in Nakhon Si Thammarat könnte man stilistisch Sri Lanka zuordnen.
Es gibt jedoch noch eine rituelle Gemeinsamkeit aller drei Phra Buddha Sihing-Statuen : Alle drei Statuen werden an Songkran in einer grossen Prozession durch die Stadt getragen und mit Wasser bespritzt.
Die Fragen nach der Authentizität der Statue sollten jedoch nicht darüber vergessen machen, dass es sich bei dem Phra Buddha Sihing in Chiang Mai um eine wunderschöne Statue handelt, die besonders in Nordthailand hoch verehrt wird.Der Eindruck, den zumndest ich beim Betreten des Wihan hatte, entsprach in etwa dem, den ich hatte, als ich zum ersten Mal den Phra Buddha Chinarat in Phitsanulok sah.
Auch im Wihan Lai Kham nimmt sich die Inneneinrichtung, trotz aller Pracht, angenehm zurück und scheint nur auf die zentrale Buddhastatue ausgerichtet zu sein.
 
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