Unbestechlich, bescheiden, hochprofessionell, liberal und diplomatisch, dies sind die Attribute, die immer wieder im Zusammenhang mit dem 63jährigen Surayud fallen, der eigentlich seine wohlverdiente Rente geniessen wollte.
 
Surayud wurde 1943 in Phetchaburi als Sohn eines Armeeoffiziers geboren, wuchs jedoch in Bangkok auf. Surayuds Familie blickt auf eine lange Tradition in der Geschichte des thailändischen Militärs zurück. Sein Grossvater war Sri Sitthi Songkhram, ein Schulkamerad Phibul Songkhrans, des späteren Ministerpräsidenten Thailands. Er hatte in Deutschland an einer Militärakademie studiert und war im Jahre 1933 einer der Führer des royalistischen Boworadej-Aufstandes, der schliesslich fehlschlug und in dessen Folge er umkam.
Surayuds
Vater war der Oberstleutnant Phayom Chulanont, ebenfalls eine schillernde Figur der thailändischen Militärgeschichte.
Phayom war ursprünglich ein Verbündeter Phibul Songkhrans und unterstützte diesen bei seinem blutigen Militärputsch im Jahre 1947, der Ministerpräsident Pridi Bhanomyong aus dem Amt trieb. Er zerstritt sich jedoch mit den neuen Führern über die politische Linie. Nach Phayoms Meinung unternahm die Regierung Phibuls nicht genug gegen die grassierende Korruption und zum Schutz der einfachen Bevölkerung vor Machtmissbrauch. Er unternahm schliesslich selbst einen Putschversuch, der allerdings scheiterte. Phayom musste aus dem Land fliehen und ging ins Asyl nach China.
Im Jahre 1957 kehrte er jedoch zurück, ging erneut in die Politik und wurde zum Gouverneur von Phetchaburi gewählt. Nachdem sich jedoch Sarit Dhanarajata kurz darauf an die Macht geputscht hatte und das Land im Stile eines Diktators regierte, verliess Phayom seine Familie und schloss sich dem kommunistischen Untergrund an. Er nannte sich fortan "Genosse Tan" und wurde einer der Führer der kommunistischen Partei Thailands (CPT), die einen blutigen Guerillakrieg gegen die Regierung führte.
Sein Sohn Surayud besuchte unterdessen mehrere Eliteschulen und beendete im Jahre 1965 seine Ausbildung an der Königlichen Militärakademie von Chulachomklao. Er begann seine militärische Karriere als Unterleutnant, befehligte u.a. eine Fallschirmspringereinheit und nahm an mehreren Fortbildungskursen in den USA teil.
In einem späteren Interview gab Surayud zu, die militärische Laufbahn nur eingeschlagen zu haben, um den Namen seines Vaters reinzuwaschen, der im Übrigen, trotz unterschiedlicher politischer Ansichten, immer ein Held für ihn gewesen sei. Trotzdem nahm er auch an Kampfeinsätzen gegen kommunistische Rebellen teil, die dem Kommando seines Vaters unterstanden.
Schliesslich wurde Surayud zu den "Special Forces" abkommandiert, die nach dem Vorbild der gleichnamigen amerikanischen Einheit ins Leben gerufen worden waren. Von 1972 bis 1978 unterrichtete er an der Special Warfare School in Lopburi. Sein Vater starb 1980 in China.
Surayud wurde ein enger Vertrauter Generals Prem Tinsulanondas, als dieser Oberkommandierender der Armee war und auch später noch, als Prem Ministerpräsident Thailands wurde.
Im Jahre 1991 wurde Surayud zum Kommandeur der "Special Forces" ernannt, wo auch General Sonthi Boonyaratkalin zu seinen Untergebenen gehörte. Im "Blutigen Mai" wurden seine Truppenteile bei der Niederschlagung der pro-demokratischen Demonstrationen eingesetzt. Surayud entschuldigte sich nur Tage später für die Zwischenfälle am Royal Hotel und dafür, dass es Tote gegeben habe. Er selbst habe jedoch nie einen Schiessbefehl für seine Männer erteilt. Dieses blutige Intermezzo habe ihm jedoch erneut drastisch vor Augen geführt, dass die Armee niemals ein Instrument der Politik werden dürfe. Die Öffentlichkeit glaubte ihm diese Beteuerungen, was für das hohe Ansehen steht, dass er schon damals genoss.
1994 wurde Surayud Befehlshaber der 2. Armee und vier Jahre später berief ihn Ministerpräsident Chuan Leekpai zum Oberbefehlshaber der Armee. Da hierbei eine Reihe von Generälen übegangen, die in der Hierarchie eigentlich vor Surayud standen, war diese Berufung innerhalb der Armeeführung äusserst kontrovers.
Surayud
begann sofort eine Kampagne zur Professionalisierung und Verschlankung der Armee. Er liess mehrere Posten abschaffen, die eigentlich nur dazu dienten, ihren Inhabern fette Pfründe zu garantieren. Desweiteren erklärte er die Bekämpfung der Korruption und mafiöser Strukturen innerhalb der Armee zur Chefsache, was ihm erneut nicht nur Freunde schuf, sein Ansehen in der Bevölkerung jedoch enorm stärkte. Einer seiner grössten Erfolge war die Teilnahme der thailändischen Armee an der UNO-Mission in Ost-Timor.
Als im Jahre 2001 Thaksin Shinawatra zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, geriet Surayud mehrmals mit diesem aneinander. Hauptgrund war die streng ablehnende Haltung, die Surayud im Bezug auf die Militärmachthaber in Burma einnahm. Surayud hatte angeordnet, politische Flüchtlinge der Karen nicht mehr nach Burma abzuschieben. Desweiteren liess er seine Truppen und vor allem die "Special Forces" gegen burmesische Drogenschmuggler einsetzen, die die Unterstützung der Junta in Rangun hatten. Dies brachte ihn auf Konfrontationskurs mit Thaksin, der auf geschäftsfreundlichere, wirtschaftliche Beziehungen zu den Burmesen setzte. Dieses Zerwürfnis führte dazu, dass Thaksins Regierung dem Armeechef dringend benötigtes Budget verweigerte und Surayud schliesslich im Jahre 2002 zum Oberkommandierenden der Streitkräfte beförderte, was aber de facto einer Kaltstellung gleichkam, denn dieser Posten hat eher repräsentative Aufgaben und kaum Befehlsgewalt.
Zum Nachfolger Surayuds machte Thaksin seinen Cousin Chaiyasit Shinawatra, was viele nicht nur als Beleg für die sprichwörtliche Vetternwirtschaft Thaksins werteten, sondern auch der Ausbruch der Unruhen im muslimischen Süden des Landes wurde der Inkompetenz der neuen Armeeführung zugeschrieben.
Surayuds letzte grosse Amtshandlung war die Evakuierung thailändischer Bürger aus Kambodscha, als dort anti-thailändische Unruhen ausbrachen.
Im Jahre 2003 ging Surayud in Rente und trat eine Zeitlang als Mönch in ein Kloster bei Nong Khai ein. Danach engagierte er sich vor allem im Umweltschutz und unterstützte mehrere Projekte.
Zur selben Zeit berief König Bumiphol Surayud als persönlichen Berater in seinen Stab, wo er auch auf seinen alten Weggefährten Prem traf. Beide unterstützten schliesslich die Ernennung von Surayuds ehemaligem direkten Untergebenen General Sonthi zum Oberbefehlshaber der Armee. Als dieser schliesslich den Putsch gegen Thaksin leitete, wurde Surayud sofort als möglicher Nachfolger Thaksins gehandelt und so kam es schliesslich auch : Am 01.10.2006 wurde Surayud Chulanont vom "Rat für demokratische Reform" unter Führung General Sonthis zum Ministerpräsidenten des Landes erklärt, wobei der Rat sich jedoch die Möglichkeit offenhielt, ihn wieder absetzen zu können, sollte sich die Lage im Lande destabilisieren. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Surayud, der während seiner Amtszeit als Armeechef immer darum bemüht war, die Armee aus der Politik herauszuhalten und selbst nie ein politisches Amt anstrebte, nun ausgerechnet durch einen Militärputsch an die Spitze des Staates kommt. Surayud erklärte auch, dass er einen Putsch eigentlich ablehne. In diesem Falle sei er jedoch notwendig gewesen, um demokratische Prozesse wieder in Gang zu bringen und Schlimmeres für das Land zu verhindern. Auch seine Beteuerungen, nicht um den Posten gebeten zu haben, sondern ihn als patriotische Pflicht anzusehen, werden ihm von der Mehrheit der Bevölkerung durchaus abgenommen. Auch Oppositionelle sehen in Surayud den "richtigen Mann an der richtigen Stelle".
Schon eine seiner ersten Amtshandlungen war eine kleine Sensation und verdeutlicht den geänderten Kurs der Regierung : Surayud entschuldigte sich öffentlich bei den muslimischen Bewohnern in den Südprovinzen für die Fehler der vorigen Regierung und die exzessive Gewalt, die diese dort angewendet hatte und seine neue Regierung scheint ernsthaft bemüht zu sein, den Dialog zu den Separatistenführern zu suchen, was Thaksins Regierung kategorisch abgelehnt hatte.
Privat ist der praktizierende Buddhist Surayud mit Khunying Chitravadi verheiratet und beide haben drei Söhne.
 
 
 
 
 
 
[ HOME ][ KONTAKT ][ UEBER MICH ][ LINKS ]
Kontakt fuer Fragen, Anregungen, zusaetzliche Infos und Kritik : hier
copyright © 2002 - 2008 Jörg Overbeck