Verhaltensregeln
 
In jeder Gesellschaft und Kultur gelten bestimmte Verhaltensregeln, die das soziale Miteinander steuern und Konflikte vermeiden sollen. Im Gegensatz zu europäischen Gesellschaften, ist die thailändische extrem hierarchisch organisiert. Jeder Thai kennt im Prinzip seinen Platz in der Gesellschaft und die Rechte und Pflichten, die diese Stellung mit sich bringt.
 
Wenn sich beispielsweise zwei Thais kennenlernen, wird sehr schnell die Frage nach dem jeweiligen Alter aufkommen, da schon hierdurch eine Hierarchie festgelegt wird, die ihren Ausdruck auch in den gegenseitigen Anreden wiederfindet. Grundsätzlich ist

der Ältere dem Jüngeren höhergestellt. Ebenso gilt der Reiche mehr, als der Arme, was sich leider auch allzuoft in der Rechtsprechung niederschlägt. Trotzdem hat auch der Reiche gegenüber dem Armen gewisse Verpflichtungen und muss sich auch an gewisse Höflichkeitsregeln halten.


Als Ausländer steht man erst einmal ausserhalb der thailändischen Gesellschaft und die hierarchischen Strukturen sind kaum erkennbar. Da die Thais wissen, dass ihre komplizierten Benimmregeln von Aussenstehenden nur schwer verstanden werden können, erhält jeder Farang gewissermassen zuerst einmal einen Bonus. Von daher sind Thais äusserst tolerant, was das Benehmen von Ausländern angeht und sehen lächelnd über viele Dinge hinweg, die, von Thais begangen, sofort zu heftigen Konflikten führen würden.
Trotzdem ist man auch als Ausländer gut beraten, seinen Bonus nicht leichtfertig zu verspielen, was aber andererseits nicht passieren sollte, wenn man sich einfach an die weltweit üblichen Regeln der Höflichkeit

hält. Der Rest kommt dann schon von alleine. Grundsätzlich sollte gelten, dass man seine Mitmenschen so behandelt, wie man selbst gerne von ihnen behandelt werden will und Respekt sollte die Grundlage des Miteinanders sein.
Wenn man unsicher ist, was in einer bestimmten Situation das richtige Verhalten ist, sollte man einfach schauen, was die anderen machen und im Zweifelsfall fragen oder seine Unsicherheit irgendwie anders ausdrücken. Wie schon gesagt sind Thais äusserst tolerant und es zählt in der Regel der erkennbare gute Wille, sich richtig zu verhalten. Auf der anderen Seite sollte man aber auch nicht versuchen, "thailändischer als die Thais" zu sein. Die Thais wissen um die Komplziertheit ihrer Umgangsformen und benutzen diese durchaus auch als Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit und um sich von den Ausländern abzugrenzen. Das beste Beispiel hierfür ist der Wai, die traditionelle thailändische Begrüssung. Hierbei werden die beiden Handflächen aneinander und in unterschiedlicher Höhe vor die Brust gehalten. Evtl. kann dies noch mit einer kleinen Verbeugung verbunden sein. Die Höhe des Wai und die Tiefe der Verbeugung richtet sich hierbei nach Status und Ansehen der beteiligten Personen. Gegenüber älteren Personen muss der Wai höher ausfallen, als gegenüber jüngeren, ebenso gegenüber reicheren usw. . Dies kann sich sehr schnell zu einer recht komplizierten Sache auswachsen, die ein Ausländer ohnehin nicht durchschaut und die er fast nur falsch machen kann. Auf der anderen Seite erwartet auch kein Thai, von einem Europäer mit einem Wai gegrüsst zu werden. Allenfalls dient der meist falsche Wai eines Europäers der allgemeinen Belustigung, was andererseits natürlich auch nicht so schlecht ist. Besonders lustig finden Thais es, wenn Europäer den Wai von Kindern selbst mit einem Wai beantworten. Erwachsene beantworten den Wai von Kindern stets nur mit einem Lächeln oder einem anerkennenden Kopfnicken.

Als Ausländer solltet Ihr trotzdem ein paar Dinge beachten, die Euch den Kontakt zu den Einheimischen etwas erleichtern können.

  1. In vielen Reiseführern wird expilizit daraufhingewiesen, dass man in Thailand niemandem, vor allem aber keinen kleinen Kindern, an den Kopf fassen sollte, da der Kopf als Sitz der Seele gilt. Dies ist sicher richtig, auf der anderen Seite sollte man aber auch in anderen Ländern niemandem unaufgefordert an den Kopf fassen, da dieses eigentlich überall als bedrohlich angesehen wird. Ich weiss nicht, wie es Euch geht, aber ich mag es beispielsweise gar nicht, wenn mir Fremde an den Kopf fassen und ich reagiere da auch sehr unwirsch. Von daher sollte man dieses eher als Beispiel dafür nehmen, dass man in Thailand zumeist mit den allgemein üblichen Verhaltensregeln schon sehr gut weiterkommt.
  2. Während der Kopf als Sitz der Seele gilt, gelten die Füsse allgemein als unrein, da sie am ehesten mit Schmutz in Berührung kommen.
    Noch bis vor gar nicht langer Zeit, weigerten sich viele Thais z.B., in mehrgeschossige Häuser zu ziehen, da es sich in diesen nunmal nicht vermeiden lässt, dass jemand mit den Füssen über dem Kopf eines anderen steht. Aus demselben Grunde werden, wenn Mitglieder der Königsfamilie den Palast verlassen, alle Brücken geräumt, unter denen der Konvoi herfahren muss.
    Von daher solltet Ihr es dringend vermeiden, mit den Füssen über den Kopf von jemanden oder auch über Essen zu schreiten und anderen Leuten und ganz besonders Buddhafiguren, die Füsse entgegen zu strecken. ( Natürlich wird es auch in Europa nicht gerade als formvollendete Anwendung der Knigge'schen Benimmregeln angesehen, wenn Ihr jemandem die Füsse entgegenstreckt. )
    Da sich nicht immer Situationen vermeiden lassen, in denen man über jemanden schreiten, oder ihm die Füsse entgegenstrecken muss (irgendwohin müssen sie nun mal zeigen), kommt es einfach nur auf das sichtliche Bemühen an, diese Situationen zu umgehen, indem man z.B. jemanden zuerst einmal um Platz bittet, bevor man über ihn hinweg läuft.
  3. In diesem Zusammenhang sollte ich erwähnen, dass fast alle Geldstücke und -scheine in Thailand das Portrait des Königs tragen oder zumindest den thailändischen Staat in irgendeiner Weise repräsentieren. Es wird als sehr respektlos angesehen, wenn Ihr heruntergefallene Geldstücke mit dem Fuss stoppt.
  4. Traditionell ziehen Thais beim Betreten von Häusern die Schuhe aus. An manchen Orten legt man darauf mehr, an anderen wiederum weiniger Wert. Am Besten solltet Ihr schauen, was die anderen machen, bevor Ihr ein Haus oder Gebäude betretet. Wenn es jedoch ausdrücklich vorgeschrieben ist, die Schuhe auszuziehen, solltet Ihr dieses auch tun. Auch solltet Ihr nicht auf die Türschwelle treten, da diese im Glauben der Thais der Sitz des Hausgeistes ist. Tretet also immer über die Schwelle.
  5. Wie eigentlich überall in Asien, ist auch die thailändische Gesellschaft stark materialistisch geprägt. Der Reiche zählt allgemein mehr als der Arme und Thais vermeiden es normalerweise mit allen Mitteln, als arm zu erscheinen. Auf der anderen Seite hat auch der Reiche gewisse Verpflichtunen den Armen gegenüber, die z.T. auch in der buddhistischen Lehre fussen. Aus diesem Grunde sind Geiz und Knausrigkeit in Thailand absolut verpönt. So ist es z.B. selbstverständlich, dass der Reiche im Restaurant die Rechnung für die anderen übernimmt und hierüber gibt es in Thailand keine Diskussionen. Selbst die Frage nach getrennten Rechnungen hat schon einen negativen Touch.
    Nun gelten Urlauber in Thailand zunächst einmal als reich, da sie sich das teure Flugticket und vor allem den Luxus eines längeren Urlaub leisten konnten. Wenn Ihr also Thais einladet, ist es für diese selbstverständlich, dass Ihr, als vermeintlich reichere, auch die Rechnung übernehmt. Darüberhinaus ist es in Thailand durchaus üblich, dass man zu einer Einladung noch Freunde und Verwandte mitbringt, für die Ihr selbstverständlich auch zahlen müsst. Auch wenn Ihr dieses als unverschämt erachtet, es ist einfach so und Diskussionen darüber führen nur dazu, dass Ihr in den Augen der Thais Euer Gesicht verliert und sie sind sicher nicht der Beginn einer langen Freundschaft. Wenn Ihr nicht bereit seid, Euch darauf einzulassen, ladet halt niemanden ein.
  6. Thais legen sehr viel Wert auf ihr Äusseres und geben Unsummen für Kleidung und Kosmetika aus. Selbst arme Thais, die sich dieses nicht leisten können, tragen, wenn schon nicht neue, so doch zumindest gewaschene Kleidung. Für einen Thai ist es beinahe schon selbstverständlich, mindestens dreimal am Tag zu duschen und seine Kleidung zu wechseln. Aus diesem Grunde halten sie auch Europäer zunächst einmal für schmutzig, lassen sich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen.
    Besonders beim Besuch von Tempeln und historischen Orten, sollte man auf angemessene Kleidung achten. Miniröcke, Badehosen, zerrissene T-Shirts u.ä. werden in der Regel nicht akzeptiert und der Eintritt schlichtweg verwehrt.
    Wickelröcke sind in Thailand Arbeits- und allenfalls Freizeitbekleidung. Wenn man mit einem Wickelrock zu einer Einladung oder zu einem Tempelbesuch erscheint, macht das ungefähr denselben Eindruck, als würde man sich in Deutschland mit dem Jogginganzug bei einer Bank vorstellen.
  7. Das gesamte Verhalten der Thais ist extrem vom Buddhismus geprägt. Als Idealbild gilt der ruhige und ausgeglichene Buddha, der stets die Kontrolle behält. Von daher vermeiden Thais es nach Möglichkeit, laut zu werden, oder die Beherrschung zu verlieren. Wer die Beherrschung verliert, verliert auch sein Gesicht und das ist, nicht nur in Thailand sondern fast überall in Asien, das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann.
    Wer umgekehrt sein Gesicht verloren hat, ist es in den Augen der Thais nicht wert, dass man sich weiter mit ihm beschäftigt. Wer anfängt, laut zu streiten oder lautstark zu reklamieren, erreicht also oft das genaue Gegenteil, von dem, was er eigentlich erreichen will.
    Dies haben auch schon viele europäische Vorgesetzte erfahren müssen, die meinten ihre thailändischen Untergebenen lautstark massregeln zu müssen. Letztlich haben die Thais hier den längeren Atem.
  8. Ein thailändischer Polizist ist mit weitaus mehr Kompetenzen und mehr Macht ausgestattet, als beispielsweise seine europäischen Kollegen und er wird sich viele Sachen nicht bieten lassen, die ein europäischer Polizist evtl. noch durchgehen lässt. Lautstarkes Diskutieren mit thailändischen Polizisten hat also wenig Sinn, auch wenn Ihr Euch im Recht wähnt und in der Regel hat es sogar einen gegenteiligen Effekt.
    Bei kleineren Vergehen, wie etwa falsch Parken, ist es z.B. Teil der Strafe, den Delinquenten auf der Polizeiwache sitzen und warten zu lassen, nach dem Motto : "Parken auf der falschen Seite macht 100Baht und 30 Minuten warten."
    Wenn Ihr Euch hier lautstark beschwert und auf Euer vermeintliche Recht pocht, heisst das für die Beamten nur, dass Ihr noch keine Einsicht in Euer Vergehen zeigt und eben noch etwas länger schmoren muss.
  9. Thais sind extrem patriotisch. In öffentlichen Gebäuden, Kinos und in der Gegend des Königspalastes wird zweimal am Tag, um 8 und um 18 Uhr, die Königshymne gespielt. Auch von Ausländern wird hier erwartet, dass sie zwar nicht strammstehen, sich aber zumindest zu diesem Anlass erheben und kurz innehalten. Es dauert aber auch nur etwa eine Minute.
  10. Verächtliche Bemerkungen über den Buddhismus, die Königsfamilie oder den Staat gelten nicht nur als unhöflich, sondern stellen einen Straftatbestand dar, der mit hohen Gefängnisstrafen geahndet wird. Dies sind Dinge, mit denen die ansonsten sehr humorvollen Thais absolut keinen Spass verstehen und die man auch einem unwissenden Farang nicht durchgehen lässt !!!
  11. Mönche sind als potentielle Buddhas heilig. Die Verehrung gilt übrigens nicht dem Menschen, sondern der Robe und dem was sie verkörpert, nämlich die irdische Existenz Buddhas und seiner Lehre.
    Auf der anderen Seite sind Mönche aber auch Menschen und man kann sie durchaus ansprechen und in der Regel freuen sie sich über ein bisschen Konversation, besonders mit Ausländern. Ihr solltet jedoch dringend vermeiden, einen Mönch zu berühren.
    Frauen ist es sogar streng verboten, einen Mönch zu berühren und wenn dies doch geschieht, zieht dies für den Mönch eine langwierige Reinigungszeremonie nach sich.
    Schon der Buddha war sich durchaus bewusst, dass ein keusches Leben nicht gerade einfach zu führen ist und auch nicht unbedingt der Natur des Menschen entspricht und erliess gewisse Regeln, die die Versuchungen auf ein Minimum beschränken sollten. Das Verbot, einen Mönch zu berühren geht zwar nicht auf eine Regel des Buddha zurück, hat sich aber eingebürgert. Es ist übrigens kein Ausdruck von Chauvinismus gegenüber Frauen, sondern soll vor allem den Mönch davor bewahren, falsche Schlüsse zu ziehen oder "unmönchische" Gedanken zu hegen.
  12. Buddhastatuen tragen übrigens nicht nur, wie reale Mönche, Namen, sondern sind diesen de facto gleichgestellt. Die Zerstörung von Buddhastatuen wurde früher als Mord angesehen und ebenso bestraft. Da Buddhastatuen heilig sind, solltet Ihr ihnen mit dem entsprechenden Respekt begegnen und beispielsweise keine "witzigen" Photos mit Buddhafiguren machen oder auf ihnen herumklettern. Die thailändischen Behörden verstehen hier absolut keinen Spass.
    Auch solltet Ihr in Ruinenstätten zuerst einmal fragen, bevor Ihr Euch sich irgendwo hinsetzt, da sich so mancher unscheinbare Steinhaufen als zerstörte Buddhastatue erweisen kann.
    Übrigens ist die Ausfuhr von Buddhastatuen aus Thailand für Ausländer strikt verboten, da die thailändische Regierung sich zum Schutz des Buddhismus verpflichtet fühlt und nicht möchte, dass Buddhafiguren im Ausland als Briefbeschwerer oder Klopapierhalter dienen.
    Die einzige Ausnahme hiervon gilt für Mitglieder von buddhistischen Gemeinschaften, die aber ihre Mitgliedschaft schriftlich belegen müssen. Natürlich wird Euch beim Kauf solcher Statuen niemand auf diesen Umstand hinweisen. Spätestens der Zoll wird Euch jedoch recht unfreundlich darauf aufmerksam machen.
    Dies gilt übrigens nicht für Amulette, die, sofern sie am Körper getragen werden, ausgeführt werden dürfen.
  13. Thais lieben Photos und werden auch gerne fotografiert. Auch in Tempeln und in historischen Anlagen ist Photographieren in der Regel erlaubt. Natürlich gebietet es auch hier die Höflichkeit, im Zweifelsfalle vorher zu fragen. Es gibt jedoch einige Orte, z.B. im Inneren des Wat Phra Khaeo, an denen Photographieren ausdrücklich verboten ist. Bei Zuwiderhandeln wird man Euch gnadenlos die Kamera abnehmen und den Film einziehen, was schade um die anderen Bilder wäre.
    Übrigens solltet Ihr natürlich in einschlägigen Bars davon absehen, die Stripperinnen zu fotografieren, da Ihr Euch hier ziemlich sicher massiven Ärger einhandeln könnt.
    Überhaupt ist Pornographie in Thailand verboten (Prostitution übrigens auch) und fängt oft schon bei nackten Brüsten an. Es wird also nicht unbedingt gerne gesehen, wenn Ihr für einsame Stunden die letzten "Happy Weekend"-Ausgaben ins Land bringt, sondern kann auch strafrechtliche Konsequenzen haben.
 
Da nun vermutlich die wenigsten von Euch nach Thailand reisen, um Buddhastatuen zu zerstören, sich mit der dortigen Polizei anzulegen, den König zu beschimpfen oder Pornos zu verkaufen, sollten auch die wenigsten von Euch Probleme bekommen. Auf die Drogenproblematik habe ich an anderer Stelle hingewiesen. Wie gesagt, gegenseitiger Respekt ist sicherlich der wichtigste Schlüssel für einen angenehmen und problemlosen Aufenthalt, sowohl in Thailand, als auch in jedem anderen Land.
 
 
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