Thailand 2001
Regie : Prinz Chatri Chalerm Yukol
Darsteller : Piyapas Bhirombhakdi, Sarunyu Wongkrachang uvm.
In Thailand kennt jedes Kind die Geschichte von Königin Suryothai, die für ihren Mann, den damaligen König von Ayutthaya ihr Leben geopfert hat und sie ist in etwa so ein Mythos, wie es William Wallace für die Schotten ist. Nachdem Mel Gibson eben diesem William Wallace mit "Braveheart" ein filmisches, mehrfach oscarprämiertes, Denkmal gesetzt hatte, lag es für die Thais nahe, auch einen ähnlich gelagerten Stoff zu verfilmen. Treibende Kraft hierbei war Königin Sirikit persönlich,der der Stoff schon lange am Herzen lag.
Die Königin suchte einen Stoff, der den Thais ihre Geschichte vor Augen führen und sie an ihre Traditionen erinnern sollte, da die Thais, nach ansicht des Königspaares, schon zu lange westlichen Einflüssen hinterherlaufen, ohne diese zu hinterfragen und ihren Nutzen abzuwägen.. Die Folgen dieses Tuns wurden dem Land während der Asienkrise drastisch vor Augen geführt.
Natürlich sollte der Film auch unterhalten. Mit Prinz Chatri Chalerm Yukol, einem Neffen des Königs, war schnell ein fähiger Regisseur gefunden, der mit dem Low-Budget-Drama "Kleine Engel" schon einen der erfolgreichsten thailändischen Filme gedreht hatte. Prinz Chatri hatte in Los Angeles an der UCLA Film studiert und sich dort ein Zimmer mit einem gewissen Francis Ford Coppola geteilt.
 
So brauchte man Coppola nicht lange zu überreden und er sagte seine beratende Unterstützung bei dem Projekt zu. Immerhin ging es um einen Etat von 700 Millionen Baht, was zu der Zeit etwa 11 Millionen Dollar entsprach. Während man in Amerika über diese Summe sicherlich nur müde lächelt, war sie für den thailändischen Film geradezu astronomisch und machte Suryothai zum bis dato teuersten thailändischen Film überhaupt und man sieht dem Film auch dieses enorme Budget in jeder Einstellung an. Um ein Höchstmass an Authentizität und historischer Korrektheit zu erreichen, verpflichtete man eine Armee von Historikern und traditionellen Hand-
werkern, die für die Bauten und Kostüme zuständig waren. Die Zahl der Zahl der Statisten dürfte ebenfalls Legion sein. Ausserdem wirken mit Sorapong Chatri, Johnny Anfone, Mai Charoenpura eine Reihe der bekanntesten und beliebtesten Stars des thailändischen Films mit. In der Hauptrolle gibt M.L. Piyapas Bhirombhakdi, ebenfalls Mitglied der königlichen Familie, als Suryothai ihr glänzendes Filmdebut.
 
Der Film erzählt eine Episode aus der Zeit von Ayutthya und umfasst eine Zeitspanne von 1528 - 1549. Diese Zeit war geprägt von Krieg, Intrigen, Mord und Heldentum, also ideal für einen Filmstoff. Suryothai gerät in den Strudel der Ereignisse um ihren Mann, den späteren König Chakrapat und stirbt im Kampf gegen die Burmesen. Ich verrate hiermit nicht zuviel, denn dies wird direkt am Anfang des Filmes schon gezeigt. Da, wie gesagt, jedes Kind in Thailand die Geschichte kennt, eignet sich Suryothais Ende auch kaum, um Spannung aufzubauen.
(Den Ablauf der Ereignisse könnt Ihr hier nachlesen.)
 
Die Zeitspanne und die Fülle der damaligen Ereignisse erklärt auch die Länge des Filmes von weit mehr als drei Stunden. Und obwohl ich den Film in der Originalfassung, nur mit englischen Untertiteln besitze, konnte ich der Handlung weitgehend folgen und langweilte mich auch keine Sekunde lang. Dafür passiert zuviel.
 
Im ersten Teil des Filmes geht es um die junge Suryothai und ihre Liebe zum Thronfolger. Im zweiten Teil wird nach Herzenslust geliebt, intrigiert, gemordet und hingerichtet. Der dritte Teil schliesslich schildert den Kampf gegen die Burmesen und empfindliche Gemüter seien gewarnt : Die Schlachtenszenen sind teilweise sehr drastisch und lassen den schon erwähnten "Braveheart" wie einen Kinderfilm aussehen. Prinz Chatri bedient sich hier seines brutal realistischen Stils, den er auch vorher schon in seinen sozial-kritischen Gegenwartsdramen pflegte. Ehrlich gesagt habe ich noch nie soviel Blut in einem Monumentalfilm gesehen, allerdings wird die Gewalt
hier nicht reisserisch dargestellt. Aber wenn sich Tausende von Kriegern mit sehr scharfen Waffen bekämpfen, fliessen nunmal Unmengen von Blut.
(Ok, zugegebenermassen stehen Asiaten und insbesondere Thais irgendwie auch auf extreme Gewaltdarstellungen. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Thai, der in einem Restaurant , in dem gerade "Der Soldat James Ryan" lief, neben mir sass, seine Suppe schlürfte und mich während der Massakerszene am Strand immer wieder begeistert in die Seite knuffte und meinte : "I love this movie!").
 
Mit "Suryothai" ist Prinz Chatri ein monumentaler Bilderbogen im Stile von "Krieg und Frieden", "Gladiator" und dem schon erwähnten "Braveheart" gelungen. Der besondere Reiz "Suryothais" liegt jedoch für den Europäer besonders in der exotischen Kulisse und der Fremdheit der Ereignisse. Während sich in europäischen und amerikanischen Filmen zumeist ungewaschene Zottelbärte in irgendwelchen Schlammlöchern bekämpfen, finden die Schlachten hier im Dschungel und unter Palmen statt. Auch der Anblick von waffenstrotzenden Kriegselefanten ist bei uns noch recht unbekannt. Darüber gelingt es dem Film recht gut, einen Einblick in die Pracht und den
Reichtum des damaligen Siam zu geben, der schon vor hunderten von Jahren von europäischen Kaufleuten beschrieben wurde. Auf der anderen Seite erkennt man, dass Intrigen und Morde nicht nur in Europa beliebtes Mittel der Politik waren.
 
Natürlich wäre "Suryothai" kein typischer Thaifilm, wenn nicht auch hier die Grenzen zwischen Gut und Böse relativ klar gezogen wären. Allerdings bemüht sich Prinz Chatri durchaus um eine gewisse Subjektivität. Auch den Bösen werden nachvollziehbare Gründe für ihr Tun unterstellt. Selbst die ungeliebten Burmesen werden nicht durchweg als blutrünstige Monster gezeichnet. Darüberhinaus vermeidet der Film überflüssiges Pathos, wobei die manchmal recht schwülstige Musik ein wenig auf die Nerven geht. Da ich selbst nicht gut genug Thai spreche, kann ich nur wenig über die Qualität der Dialoge sagen. Man erkennt jedoch zumindest den Enthusiasmus, mit dem die Darsteller bei der Sache sind.
Gewürzt wird das ganze mit einer Prise Erotik, denn auch der thailändische Film ist mittlerweile längst nicht mehr so prüde, wie man dies vielleicht vermuten würde
Die Fertigstellung des Filmes dauerte sieben Jahre. Die Uraufführung fand am 12. August 2001 zu Ehren des 69. Geburtstages von Königin Sirikit statt. Die Königin soll von dem Film sehr angetan gewesen sein. Doch nicht nur bei ihr fand er Anklang. Sehr schnell wurde "Suryothai" zum erfolgreichsten Film in Thailand überhaupt, amerikanische Blockbuster, wie "Titanic", eingeschlossen. Gleichzeitig setzte er auch ein Zeichen für die thailändische Filmindustrie, das man durchaus auch mit thailändischen, technisch perfekt gemachten, Produktionen erfolgreich sein kann. Die Folge war eine Reihe von ähnlich gelagerten Mammutproduktionen, allerdings unterschiedlicher Qualität.
Francis Ford Coppola übernahm die Aufgabe, eine kürzere Fassung für den westlichen Markt zu erstellen. Ich bezweifle allerdings, dass dieser ein ähnlich grosser Erfolg beschert sein wird. Es wäre dem Film jedoch zu wünschen, dass diese "westliche" Version zumindest in Deutschland auf den Markt kommt und vielleicht auch einen Verleih findet. Angesichts der vielen Handlungsstränge und Personen ist es mitunter recht anstrengend, den englischen Untertiteln zu folgen.
In Amerika wird man den Film, wenn überhaupt, wohl eher nachdrehen. Vielleicht mit Angelina Jolie und Tom Cruise in den Hauptrollen? Die Handlung könnte man dann, leicht verändert, auch nach San Francisco zur Zeit des Eisenbahnbaus oder direkt in eine ferne Zukunft verlegen. Vielleicht ist der Film aber auch schon nachgedreht. Was war nochmal genau die Handlung von "Spiderman"?
 
   
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